Gepostet 26.08.2024, Othmar Bertolosi
Interdisziplinäre Berufe wie Wirtschaftsingenieure gewinnen an Bedeutung, da sie technisches Knowhow mit betriebswirtschaftlichem Denken verbinden.
Wirtschaftsingenieur – das könnte auf den ersten Blick ein bisschen nach Unentschieden aussehen, so als ob jemand nicht so recht gewusst hätte, ob Wirtschaftswissenschaften sein Ding sei oder doch Technik. So ist es aber ganz und gar nicht. Neben all den Spezialistinnen und Spezialisten sind in der Wirtschaft zunehmend Mitarbeitende mit dem Blick fürs Ganze gefragt. Viele Aufgaben erfordern sowohl technisches als auch wirtschaftliches Wissen.
Hier schlägt die Stunde der Wirtschaftsingenieure: «In unserer zunehmend komplexen Arbeitswelt gewinnen interdisziplinäre Berufe wie der des Wirtschaftsingenieurs an Bedeutung. Wirtschaftsingenieurinnen und Wirtschaftsingenieure sind Brückenbauer und Brückenbauernnen zwischen Technik und Wirtschaft», erklärt Prof. Jörg Lagemann von der FHNW. «Sie verbinden technisches Fachwissen mit ökonomischem Denken, optimieren Geschäftsprozesse und analysieren deren wirtschaftliche Folgen. Diese Kombination macht sie zu gefragten Problemlöser und Problemlöserinnen in diversen Branchen. Ihre praxisorientierte Ausbildung an Fachhochschulen wie der FHNW bereitet sie optimal auf diese vielfältigen Aufgaben vor.»
Das Wirtschaftsingenieurstudium ist darüber hinaus auch eine ideale Basis für Menschen mit Unternehmergeist, die eigene Geschäftsideen umsetzen möchten und dafür sowohl das technische wie ökonomische Rüstzeug erhalten.
In Unternehmen besetzen Wirtschaftsingenieurinnen und Wirtschaftsingenieure Funktionen in allen Bereichen des Wertschöpfungsprozesses. Sie sind auch für den erfolgreichen Einsatz in der Geschäftsleitung, im General Management oder in der Beratung bestens vorbereitet.
Das Paket an Fähigkeiten macht Wirtschaftsingenieure zu unverzichtbaren Akteuren in vielen Branchen mit entsprechend glänzenden Berufsaussichten. Wirtschaftsingenieure arbeiten im Maschinenbau und Bauwesen, in der Elektrotechnik, Automobilindustrie, Chemie und Pharmazie sowie im Dienstleistungssektor.
In der Maschinenbauindustrie beispielsweise sind sie oft für die Planung und Optimierung von Produktionsprozessen verantwortlich. Sie entwickeln Konzepte, um die Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und die Qualität zu verbessern.
Im Bereich der Logistik planen und steuern Wirtschaftsingenieure die gesamte Lieferkette, vom Rohstoff bis zum Endprodukt. Dabei spielen die Analyse von Daten und die Implementierung von IT-Systemen eine zentrale Rolle. Auch im Bauwesen sind Wirtschaftsingenieure gefragt, wo sie Bauprojekte unter Berücksichtigung technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte managen.
Selbstverständlich spielen Wirtschaftsingenieure auch in der digitalen Welt eine wichtige Rolle. «Wir bieten die Vertiefungsrichtung Digital Engineering an, die sich an den notwendigen Aufgaben und Kompetenzen im Rahmen der Projektierung und Umsetzung einer unternehmerischen, digitalen Transformation orientiert», führt Prof. Jörg Lagemann von der FHNW aus. «Zu ihrem Aufgabenfeld gehören Digitalisierungsstrategien, neue digitale Geschäftsmodelle und vertieftes Wissen über technologische Treiber wie Internet of Things, Machine Learning und Webtechnologien.»
Die Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur in der Schweiz erfolgt in der Regel an technischen Universitäten und Fachhochschulen wie der FHNW und OST - Ostschweizer Fachhochschule. Das Studium ist sehr breit gefächert. Nebst Modulen in Projektmanagement, Technik, Betriebswirtschaft und Naturwissenschaften stehen auch Logistik, Informatik, Marketing und Systemdenken auf dem Programm. Ergänzend dazu sind auch Module in Geistes- und Sozialwissenschaften im Ausbildungsangebot enthalten. Die Studiengänge legen grossen Wert auf praxisorientierte Ausbildung durch Praktika und Projekte in Zusammenarbeit mit Unternehmen. «Im Modul ‘Industrieprojekt’ entwickeln die Studierenden in kleinen Teams während zwei Jahren ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung für ihren Industriepartner», erklärt Prof. Urs Sonderegger von der OST – Ostschweizer Fachhochschule. «So setzen sie ab dem ersten Semester direkt in die Praxis um, was sie im Unterricht gelernt haben – und sind bereits in engem Kontakt mit der Industrie.»