Gepostet 08.11.2021, Bildung Schweiz
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung der Bildungsangebote zweifelsfrei angetrieben. Es steht die Frage im Raum, inwiefern sich die neu gewonnenen Online-Lehrmethoden im Bildungsalltag etablieren. Ein Experte nimmt Stellung.
Digitale Lehr- und Lernformen werden im Bildungswesen bereits seit mehreren Jahren eingesetzt, wobei das Thema «Hybrides Lernen» eher mit Zurückhaltung umgesetzt wurde. Erst aufgrund der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown mussten die verschiedenen digitalen Lehr- und Lernformen ihre Praxistauglichkeit unter Beweis stellen und vor allem das hybride Lernen gewann an Bedeutung. Berufsschule, Weiterbildungen und sogar ganze Studiengänge wurden fast nur noch per Fernunterricht angeboten. Viele Schülerinnen und Schüler sowie Studierende mussten somit den Stoff selbstständiger erarbeiten, meist nur durch einen Computer oder Laptop.
Alle sprechen vom hybriden Lernen, aber was ist das überhaupt? «Beim hybriden Lernen ist jeweils ein Teil der Teilnehmenden online dabei, der andere Teil ist vor Ort», erklärt Roy Franke, Leitung EB Connect der EB Zürich, Kantonale Schule für Berufsbildung. Das hybride Lernen unterscheide sich klar vom Blended Learning: «Bei diesem Bildungsformat ist die ganze Gruppe entweder vor Ort oder nimmt online teil.»
«Hybrides Lernen bietet einen interessanten Mix für Teilnehmende»
Die Bildung musste sich in einer Hauruck-Übung digitalisieren. Die Frage ist nun, was bleibt und wie es weitergeht. Was bleibt von den gewonnenen Erfahrungen im Fernunterricht? Was bleibt von der damaligen Unersetzbarkeit des Präsenzunterrichts vor Ort? Was bleibt von den neuen hybriden Lehr- und Lernmodellen? Die zentralste Frage dabei: Wie soll der Unterricht von Aus- oder Weiterbildungen in Zukunft gestaltet werden? Roy Franke zieht das hybride Lernen als Lösung in Betracht und ist der Meinung «es bietet einen interessanten Mix aus zeitgleich stattfindenden Vor-Ort- und Online-Unterricht.»
«Ich sehe den Vorteil im hybriden Unterricht darin, dass ich verschiedenen Bedürfnissen der Teilnehmenden gerecht werden kann» Roy Franke, Leitung EB Connect
Roy Franke ist als Leiter EB Connect an der EB Zürich bestens über die Thematik «Hybrides Lernen» informiert. Sein Bereich muss ständig am Puls der Zeit der Berufsbildung sein. Denn EB Connect bietet Aus- und Weiterbildungen für (angehende) Berufsbildnerinnen und Berufsbildner an. Darüber hinaus stellt EB Connect ein Experimentierfeld für neue Bildungsprojekte sowie individuelle Bildungslösungen zur Verfügung.
Für Bildungsanbieter ist nach dem langen Fernunterricht wichtig, auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden zu achten. Denn laut Roy Franke wird es in Zukunft immer mehr Personen geben, die Online-Formate schätzen. Aber es werde auch weiterhin Personen geben, die eine Aus- oder Weiterbildung vor Ort im Klassenzimmer bevorzugen. Bildungsanbieter müssen dabei den Ansprüchen beider Personengruppen gerecht werden.
Hybrides Lernen bietet den zentralen Vorteil, dass die Bedürfnisse aller Teilnehmenden bedient werden können, egal ob sie den Unterricht vor Ort oder online bevorzugen. Die unterschiedlichen Bedürfnisse stellen aber für Anbieter von Aus- und Weiterbildungen nach wie vor eine Hürde dar. «Für Dozierende ist es eine Herausforderung, den hybriden Unterricht gut zu gestalten», sagt der Leiter EB Connect. Die Schwierigkeit bestehe darin, Teilnehmende zu Hause gut in die Gruppe vor Ort einzubinden. Das ist für Roy Franke aber kein grundsätzlicher Nachteil des hybriden Formats: «Wichtig ist, dass Dozierende ihr didaktisches Konzept anpassen, so dass auch bei hybridem Unterricht vor allem für die Online-Teilnehmenden ein gutes Lernerlebnis entsteht.»
Die Umstellung vom Präsenzunterricht zum hybriden Lernen ist nicht immer leicht. Dies gilt für Kursleitende, Lehrpersonen und Dozierende sowie auch für Studierende oder Teilnehmende. Folgende Tipps helfen:
Studierende, Teilnehmende sollten...
Kursleitende, Lehrpersonen, Dozierende sollten...
Obwohl der Online-Unterricht gut funktioniert hat, will das EB Zürich in Zukunft nicht ausschliesslich Online-Formate einsetzen. «Gewisse Elemente sind online schwer umsetzbar», so Franke. Dazu gehören zwischenmenschliche Elemente wie etwa der gemeinsame Austausch und die Nähe zu den anderen Teilnehmenden. Auch haptische Unterrichtselemente, wie das gestalten eines Plakats oder eines Flipcharts, seien für den Online-Unterricht weniger geeignet. Dazu komme, dass der Online-Unterricht ungünstig für Gruppendynamiken sei. Vor allem, wenn der Unterricht mehrheitlich Gruppenelemente beinhaltet, würde Franke auf den Präsenzmodus setzen.
Der Leiter EB Connect ist nach wie vor der Meinung, dass persönliche Kontakte während einer Aus- und Weiterbildung wichtig sind. Er kann sich gut vorstellen, dass vor allem zu Beginn eines neuen Kurses auf Präsenzunterricht gesetzt wird. Dadurch könne die Vernetzung der Teilnehmenden untereinander sichergestellt werden. «Das bietet eine gute Basis für hybride Veranstaltungen», sagt Roy Franke. Denn nur schon bei der Wahl eines Gruppenpartners sei es zentral, dass man persönlich, und nicht lediglich am Bildschirm, miteinander in Kontakt getreten ist.
Hybrides Lernen benötigt klare Rahmenbedingungen
EB Connect hat sich über die Thematik «Hybrides Lernen» schon mit zahlreichen Kursleitenden ausgetauscht. «Sie sehen darin auch eine Herausforderung, da sie den Unterricht nicht einfach von analog auf online übertragen können», erklärt Franke. Wichtig seien daher klare Rahmenbedingungen. Dazu gehören beispielsweise das Einschalten der Kamera der Kursteilnehmenden, «sonst passiert es schnell, dass sich jemand vom Unterricht abkapselt und nur noch passiv teilnimmt.» Bei solchen Fragestellungen und Umstellungen sei die Methodenkompetenz der Kursleitenden gefragt. Zusätzlich bietet EB Zürich genau solche Weiterbildungen, wie man Unterricht vor Ort in hybride Formen umwandelt. Zusätzlich kann ein «SVEB-Weiterbildungszertifikat digital» erworben werden.
Vor allem für Lehrpersonen, Dozierende und Kursleitende brachte die Umstellung auf Fernunterricht einen höheren Aufwand mit sich. «Ich denke, es liegt nicht per se am Fernunterricht. Sondern daran, dass ein bestehendes Setting angepasst werden musste», relativiert Franke. Zusätzlich sei eine gewisse Einarbeitungszeit im Umgang mit den neuen Programmen und Technologien nötig gewesen. «Hier muss aber gesagt werden, dass gewisser Aufwand einmalig ist.»
Roy Franke sieht im hybriden Unterricht eine klare Chance für Bildungsanbieter sowie ihre Kundschaft. «Ich bin mir jedoch bewusst, dass es noch keine vorgefertigten Lösungen gibt.» Bildungsanbieter sind somit in Zukunft gefordert, um gute Lösungen rund um hybrides Lernen zu testen und zu etablieren.
EB Connect beratet und begleitet Schulen und Organisationen bei der Entwicklung von zeitgemässen Lehr- und Lernmethoden
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