Gepostet 17.02.2020, Bildung Schweiz
Optimierte und schlanke Prozesse sind eine Voraussetzung für eine sinnvolle Digitalisierung. Ein neuer Lean Office - Ansatz hilft dabei.
Früher verlangten der hohe Wettbewerbs- und Kostendruck, Geschäftsprozesse konsequent zu optimieren. Heute geht es nicht mehr nur um Process Excellence (PEX), sondern um Operational Excellence (OPEX). Tatsächlich haben praktisch alle Dienstleistungsunternehmen wie Banken und Versicherungen Lean und Six Sigma - Ansätze angewendet um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Leider aber wurde Lean Six Sigma oft als reines «cost-cutting» Instrument missbraucht. OPEX ist jedoch viel mehr als Cost-cutting und Muda-Eliminierung. Der Lean-Ansatz, welcher vom Toyota Produktions-System (TPS) abgeleitet ist, hat neben der Art, wie eine Leistung erbracht wird (JIT-Produktion als Struktur) auch die lernende Organisation (Kaizen als Kultur) zum Ziel. Dabei ist Kaizen nicht nur eine Technik, sondern auch ein Managementansatz für die Führung von Teams (Gemba Walk und PDCA). Anders als in vielen anderen Industrien, hat der OPEX-Gedanke und der dazugehörende Paradigmenwechsel in transaktionalen Industrien nie Fuss gefasst. Man ist beim PEX, also beim Cost-cutting - Approach stehengeblieben.
Seit ein paar Jahren kommt neben dem Kostendruck noch eine weitere Herausforderung hinzu: die Digitalisierung (oft auch "Industrie 4.0" genannt). Die Digitalisierung kann bis dato gültige und erfolgreiche Businessmodelle obsolet werden lassen. Es ist deswegen für die Zukunft die Business Excellence (BEX) angesagt! Hat man allerdings OPEX noch nicht eingeführt, wird man einen schweren Stand haben. Klar ist, dass man in einem Nicht-Lean Office – d.h. in einem "nicht schlanken Büro" mit seinen oft nicht explizit definierten transaktionalen Prozessen – keine Chance hat, digitale Prozesse effizient und effektiv umzusetzen. Lean ist deswegen als Voraussetzung für eine effektive Digitalisierung zu sehen. Übergeordnet geht es auch darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in welchem sich die Mitarbeitenden einbringen und effizient arbeiten können und − noch viel wichtiger − ihre Arbeitszeit als sinnvoll erleben und zwar nicht als Kostenfaktor, sondern als entscheidender Teil eines sich optimierenden Systems, in welchem der Mensch das zentrale Element bildet. Das Verbesserungspotential ist in diesem Bereich besonders gross, denn die Effizienz der Büroarbeit hinkt derjenigen der Produktionsarbeit weit hinterher.
Höchste Zeit also, sich für die Zukunft in Form zu bringen − zum Beispiel bei der inspire AG, welche in ihrem Kurs einen alternativen, von industrieller Umgebung abgeleiteten Lean Office − Ansatz präsentiert. Für Kursleiter Dr. Bruno Rüttimann ist es wichtig, "dass die Teilnehmenden lernen, die Möglichkeiten der für Lean Office adaptierten Werkzeuge in ihrem beruflichen Umfeld nutzbringend anzuwenden". Darauf basierend, könne der Boden für die Digitalisierung im eigenen Unternehmen vorbereitet werden.
Das Angebot der Inspire Academy / Lean Office
Zielgruppe sind Fach- und Führungskräfte in transaktionalen Prozessen und Funktionen - insbesondere aus dem Bereich IT und dem Management sowie dem Business Process Management - von Dienstleistungs¬unter-nehmen oder aus der Administration von Produktionsunternehmen.
Schlanke Prozesse sind die Voraussetzung für die Digitalisierung. Speziell an diesem Kurs ist, dass man viel weiter geht als der Muda-fokussierte, herkömmliche Lean Office - Ansatz, indem man einen Ansatz wählt, welcher die Industrialisierung der transaktionalen Prozesse erlaubt und damit die Voraussetzungen für die Digitalisierung schafft.
Der Kurs beginnt mit der Übersicht der unterschiedlichen OPEX-Ansätze und erklärt, warum bestehende Ansätze gescheitert sind. Anschliessend werden die Eigenheiten der transaktionalen Prozesse analysiert, die sich von industriellen Prozesse unterscheiden. Ein relationales Office-Modell dient als Basis zur Modellierung der transaktionalen Prozesse. Jedes Lean-Tool, welches in der Industrie angewendet wird, wird für die Anwendung auf dem "Officefloor" angepasst. Die prozesstheoretischen Gesetze behalten ihre Gültigkeit auch für transaktionale Prozesse, die Werkzeuge zur Umsetzung im Servicebereich müssen aber von ihrem industriellen Ursprung abgeleitet und angepasst werden. Die Vorteile industrieller Fertigungszellen für den Officefloor werden aufgezeigt und die notwendigen Anpassungen für eine Office-Zelle werden mittels neuer, officezellenspezifischer Eigenheiten modelliert. Dabei werden alle erprobten Lean-Werkzeuge aus der Produktion mit den spezifischen Eigenheiten und Anforderungen administrativer Aufgaben kombiniert und so adaptiert, dass eine erfolgreiche Umsetzung im Office-Bereich gewährleistet ist. Diese Zelle ist die Basis für eine spätere Digitalisierung der Prozesse. Dabei kann die Informatik einen entscheidenden Beitrag leisten. Das letzte Thema ist die kulturelle Anpassung bei der Einführung von OPEX: eine Kaizen-basierte Managementkultur.
Für eine erfolgreiche Digitalisierung von transaktionalen Prozessen in Dienstleitungsunternehmen oder von administrativen Prozessen in Industrieunternehmen ist OPEX eine «conditio sine qua non».
Die wichtigsten Kursinhalte im Überblick
Dieser Kurs ist was den Inhalt betrifft einzigartig und soll Lean Office mit einem neuen Ansatz zum Durchbruch verhelfen. inspire empfiehlt nach dem Kurs baldmöglichst eine gecoachte und praktische Umsetzung einer Office-Zelle in Angriff zu nehmen, damit das im Kurs vermittelte Wissen korrekt und zeitnah umgesetzt werden kann. Die Teilnehmenden können anschliessend selbständig die weitere Lean Office Transformation planen und durchführen.
inspire Academy
Die inspire AG als gemeinsame Gründung der ETH Zürich, Swissmem und mehrerer Schweizerischen Industriefirmen versteht sich als Bindeglied zwischen Hochschule und Industrie und betreibt Wissens- und Technologietransfer auf dem Gebiet der Produktion. inspire Academy ist ihre Weiterbildungsabteilung.