Gepostet 10.12.2020, Martina Tresch
Kopfschmerzen, Stress im Geschäft, Muskelverspannung – was die Seele belastet kann die Meditation wieder ins Gleichgewicht bringen. Immer mehr nutzen diese Art des Trainings im Alltag.
Sie stehen an einer Bushaltestelle. Dumpf dröhnen Motoren, Ihr Atem steigt sichtbar in den nebligen Dunst auf. Vermutlich schauen Sie ins Handy – was kann man auch sonst tun? Meditieren zum Beispiel! Franziska Hürbin macht genau das, wenn sie warten muss. „Manchmal schliesse ich meine Augen und blende alles um mich vollkommen aus.“ Sie ist Meditations-Coach und zeigt Menschen, wie sie durch meditieren vom Alltag abschalten können. „Wobei, ‚Abschalten’ ist nicht das richtige Wort“, hält sie fest. „Beim Meditieren geht es vielmehr darum, präsent zu sein, bei dem, was man gerade tut.“ Ganz ähnlich sieht das Sandra Schunck, psychologischer Coach und Yogatherapeutin: „Meditation zentriert und richtet die Energie wieder nach innen. Dies wirkt sich allgemein positiv auf das Energielevel aus, und führt dadurch zu einer Wachheit.“
Doch kann man allein durch Meditation Ruhe in seinen Alltag bringen? „Ja“, betont die Kursdozentin an der SAFS. Ein richtiges oder falsches Meditieren gebe es dabei nicht. „Wenn ich in Meditation bin, dann ist es immer richtig.“ Wie aber geht man vor? Am einfachsten sei es, führt Franziska Hürbin aus, den eigenen Atemrhythmus zu beobachten. „Es geht darum, sich zu erden, also die Füsse fest am Boden zu spüren“, erklärt die diplomierte Therapeutin. Mit ganz einfachen Übungen, die überall im Alltag angewendet werden können, beginnt der Meditations-Coach auch die Kurse an der Klubschule Migros. Sitzend, liegend oder stehend wird in kleineren Gruppen mit Menschen im Alter zwischen 20 und 80 Jahren meditiert. „Der Vorteil an Gruppenmeditation ist, dass die Energie im Raum sehr breit ist, da alle dasselbe tun.“ Auch Sandra Schunk unterrichtet in Gruppen: „Da die momentane Zeit viel von uns abverlangt und ein ruhiger, zentrierter Geist immer wichtiger wird, profitieren mehr Leute von Gruppenangeboten.“
Dreiviertel der Kursteilnehmenden ist weiblich. Es sind Menschen, die im Job gestresst oder überfordert sind, über Kopfschmerzen klagen, innerhalb der Familie einer hohen Belastung ausgesetzt sind. Auf die Probleme der Einzelpersonen wird während des Kurses allerdings nicht unbedingt eingegangen – und genau das ist immer öfter gefragt, wie auch Sandra Schunck beobachtet: „Meine Erfahrung und Beobachtung der letzten Jahre ist, dass Meditation als eine Art Psychohygiene angesehen wird – also ganz und gar nicht esoterisch.“ Momentan habe sie sogar mehr Anfragen für Meditation als für Yoga. Damit Meditation aber auch tatsächlich etwas auslöst, ist vor allem eines von zentraler Bedeutung, wie sie ausführt: „Praxis! Mindestens 40 Tage sollte man es jeden Tag praktizieren, damit sich die neue Verhaltensweise etabliert.“ Auch Franziska Hürbin findet, dass Meditation zur Tagesroutine werden sollte, ähnlich dem Zähneputzen.
Gerade in Zeiten von Corona werde die Meditation gar noch an Wichtigkeit gewinnen, ist sich die TCM-Therapeutin und Dozentin für Körperarbeit sicher. „Die Themen der Menschen haben sich verändert, ich behandle in letzter Zeit auch mehr Schmerzpatienten.“ Meditation kann aber auch an ihre Grenzen stossen, berichtet Sandra Schunck. „Bei einem Burnout etwa sollte zuerst einmal der Körper beruhigt werden. Meditation kann keinen Arzt ersetzen.“ Gerade jetzt und in Zukunft, ist auch sie überzeugt, wird diese Art des Trainings für den Geist immer mehr an Gewicht gewinnen. „Die Zeiten werden immer verrückter, die Technik hat uns längst überholt. Da braucht es wieder die Möglichkeit, Kraft aus der Stille zu erfahren.“