Gepostet 19.12.2023, Martina Tresch
Aktiv zuhören und sich in sein Gegenüber hineinversetzen: Achtsame Kommunikation kann gelernt werden und bringt Dich im Beruf und in der Schule weiter.
Heute war die Schule stressig. Das Gespräch mit dem jähzornigen Chef hat mich heruntergezogen. Der Streit mit einer Freundin schlägt mir auf den Magen. Alltagssituationen wie diese kennen wir alle – wie aber reagiert man am besten darauf? «Achtsame Kommunikation» lauten die Schlüsselwörter. Was das ist und wie sie jeden von uns im Alltag weiterbringt, verraten zwei Experten. «Achtsame Kommunikation ist die Anwendung von Emotionaler Intelligenz. Dies wiederum ist die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle zu erkennen, zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren», erklärt Nicolaj Kümin vom Coaching Institut Livingsense. In einer zunehmend vernetzten und interkulturellen Welt werde emotionale Intelligenz in der Schule und im Beruf immer wichtiger, da sie helfe, zwischenmenschliche Beziehungen zu stärken, Konflikte zu lösen und ein effektives Teamwork zu fördern.
Uwe Neumann ist Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und berichtet, wie unterschiedlich die Herausforderungen sind, mit denen Kursteilnehmende in seine Seminare starten. «Manche sind übervorsorglich und tragen die Probleme anderer mit sich herum. Andere haben mit einem übervollen Kalender zu kämpfen und sind gestresst.» Eine Erkenntnis sei zu Beginn aber für alle dieselbe: «Meist hat man keinen Einfluss darauf, wie jemand uns begegnet – entscheidend ist, wie wir darauf reagieren und vor allem dass wir erkennen, was es mit uns macht», so Uwe Neumann. An der ZHAW hilft beispielsweise der Kurs Mindful Communication dabei, die eigene emotionale Intelligenz zu verbessern und dadurch emotionaler zu kommunizieren. Am Institut für angewandte Psychologie ist die Entwicklung der emotionalen Kompetenz in vielen Angeboten integriert und darüber hinaus gibt es auch individuelle Coachings, Weiterbildungskurse im Bereich Selbstmanagement oder Selfleadership-Kurse. Am Coaching Institute Livingsense ist das Thema «achtsame Kommunikation» derart wichtig, dass es in allen Ausbildungsprogrammen zum Tragen kommt.
Von sich ausgehend, kommt in der emotionalen Kommunikation sehr bald das Gegenüber zum Tragen. Stichwort: Aktiv zuhören. «Hören Sie nicht nur zu, um zu antworten, sondern um zu verstehen. Zeigen Sie Interesse an den Gefühlen und Perspektiven anderer und spüren Sie dabei auch in sich hinein», erklärt Nicolaj Kümin. Zuhören ist Teilaspekt, aber emotionale Intelligenz umfasst auch das Verständnis und die Reaktion auf Emotionen, so Nicolaj Kümin. «Jemanden hören und jemandem zuhören sind grundlegend unterschiedliche Kompetenzen.» – Auf das Zuhören folgt die Empathie. «Man sollte sich auch einmal überlegen: Wie geht es dieser Person jetzt gerade? Gibt es einen Grund, dass sie so reagiert? Es geht um Achtsamkeit für die Situation des anderen», führt Uwe Neumann aus. Wenn man sich die Situation des Gegenübers vor Augen führe, könne man das Gespräch in eine andere Richtung lenken.
Bewusste Selbstreflexion, Tagebuchführung, und gelegentliches Einholen von Feedback– so kann die achtsame Kommunikation im Alltag verbessert werden. «Das bietet vor allem auch persönliche Vorteile, indem man besser mit eigenen Emotionen umgehen kann, was zu mehr Selbstbewusstsein und Wohlbefinden führt», sagt Uwe Neumann. Auf beruflicher Ebene, betont Nicolaj Kümin, kann achtsame Kommunikationsfähigkeit Türen zu Führungspositionen öffnen, da sie für das Managen von Teams und das Führen von Verhandlungen essenziell ist. Und: «Emotionale Intelligenz kann uns dabei helfen, unsere eigenen Grenzen zu erkennen, gleichzeitig aber auch Räume für Reflexion und persönliche Entwicklung zu schaffen.»
Selbstwahrnehmung: Eigene Emotionen erkennen und verstehen. Eigene Haltung beeinflusst Gespräch.
Aktiv zuhören: Nicht nur zuhören, sondern auch verstehen. Keine voreiligen Schlüsse ziehen und auch auf Mimik und Gestik achten. Einfühlsam reagieren.
Ruhig bleiben: Im Gespräch ruhig und konstruktiv bleiben – dabei kann das «innere Team» helfen.
Feedback: Bewusst um Feedback bitten, Selbstreflexion und beispielsweise Tagebuch führen.