Gepostet 19.01.2023, Othmar Bertolosi
Gute Vorbereitung und das nötige Fachwissen sind wichtig, um Krisen möglichst ohne Dramen für Unternehmen und Mitarbeitende zu überstehen, und im Idealfall die Chancen, die immer in Krisen drinstecken, zu nutzen.
Die 2020er-Jahre haben es bisher in sich, nach der globalen Covid-Pandemie folgten mit dem Krieg in der Ukraine und der Energieknappheit ohne Atempause gleich die nächsten Krisen. Die Herausforderungen für Unternehmen sind gross, von wirtschaftlichen Turbulenzen bis hin zu existenzbedrohenden Krisen reicht die Palette. Das wirkt sich auch auf die Mitarbeitenden aus. «Krisen bringen Unsicherheiten mit sich, da die Konsequenzen (welche Auswirkungen hat das für mich ganz konkret?) nicht gleich abschätzbar sind», weiss Alexandra Cloots, Professorin an der Ostschweizer Fachhochschule OST. «So können Ängste hinsichtlich Stelle, Position, Lohn, zukünftigen Weiterentwicklungen und den damit einhergehenden Konsequenzen auf das Privatleben entstehen. Krisen können ein grosses Erschöpfungspotenzial mit sich bringen und einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeitenden haben.»
Das ist eine Seite, in jeder Krise stecken aber auch Chancen, die für positive Entwicklungen genutzt werden können: «Der Begriff Krise bringt oftmals ein negatives Bild der Veränderung mit sich», führt Alexandra Cloots aus.
«Krisen oder Veränderungen können aber durchaus auch etwas Positives beinhalten: Wir kommen aus unserer Komfortzone und lernen in der Reflexion sehr viel.»
In der Corona-Pandemie haben sich Mitarbeitende beispielsweise umorientiert, Home-Office und neue Arbeitsmodelle konnten sich etablieren und die digitale Transformation in Unternehmen hat einen kräftigen Schub erhalten.
Das zerstörerische Potenzial von Krisen auf der einen und ihr kreatives auf der anderen Seite machen Krisenmanagement zu einem Erfolgsfaktor für Unternehmen. Was braucht es grundsätzlich, damit Unternehmen und Mitarbeitende auf Krisen möglichst gut vorbereitet sind und sie bestmöglich überstehen? «Eine Vertrauenskultur in Organisationen ist eine wichtige Basis», erklärt Alexandra Cloots. «Hat eine Organisation hier eine stabile Ausgangssituation, ist allen schon viel geholfen. Wenn Mitarbeitende Vertrauen in ihre Organisation haben und in die Lösungsentwicklung eingebunden sowie gut informiert sind, hilft dies in Krisensituationen enorm.»
Das bedeutet für Unternehmen auch, dass sie ein Bewusstsein dafür entwickeln müssen, was Krisen bei Mitarbeitenden auslösen können. «Gesucht sind Antworten auf Fragen wie: Was heisst die Krisensituationen für uns als Unternehmen und in der Konsequenz, was bedeutet dies für unsere Mitarbeitenden und wie gehen wir nun damit um?», führt Alexandra Cloots aus. «Lösungen sollten dabei gemeinsam mit den Mitarbeitenden erarbeitet werden. Zudem braucht es eine gute, das heisst, insbesondere transparente Kommunikation. Die Organisationen sollten präventiv einen Krisenkommunikationsplan haben, um Führungskräfte darin auszubilden, wie sie mit Krisensituationen umgehen und Mitarbeitende in ihren Überlegungen abholen und gemeinsam Lösungen entwickeln können.»
Professionelles Krisenmanagement ruft auch nach professioneller Ausbildung. Entsprechendes Know-how ist gefragt und bietet gute Perspektiven im Arbeitsmarkt. Bei der OST ist Krisenmanagement beispielsweise ein wichtiger Aspekt des Weiterbildungsangebots (CAS) New Leadership in Team- und Selbstführung. Die School of Engineering an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) bietet spezifische Weiterbildungen (CAS) in Krisenmanagement und Krisenkommunikation an. «Die Studierenden profitieren von einer umfassenden Betrachtung der Risiko- und Krisenaspekte», erläutert Dr. Christian Zipper, Studienleiter MAS Integrated Risk Management. «Diese werden in den ZHAW-Lehrgängen aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet, jedoch stets mit einem hohen Praxisbezug. Das erlaubt allen, die unsere Lehrgänge absolvieren, das Gelernte direkt in ihrem Berufsalltag anzuwenden. Das Netzwerk zwischen Dozierenden und Studierenden erweist sich dabei als wertvolle Ergänzung.»
Krisenmanagement und -kommunikation sind in Unternehmen bereichs- und abteilungsübergreifende Themen und die Zielgruppe für Ausbildungen präsentiert sich breit gefächert. «Unsere Lehrgänge richten sich an Kaderleute in Unternehmen und Schutzorganisationen, Mitarbeitende des Sicherheits-, Risiko-, Kommunikations-, Qualitäts- und Umweltmanagements sowie Mitglieder der Geschäftsleitung», führt Christian Zipper aus. «Auch Mitarbeitende in Kommunikationsabteilungen, die ihre Kompetenz im professionellen Umgang mit Krisen erweitern möchten, profitieren von unseren Lehrgängen. Vertreter/-innen aus Consulting, Controlling und Compliance sind zunehmend in unseren Klassen vertreten.»
Krisen sind zum Glück seltene Ereignisse, und sowohl die Unternehmen als auch die allermeisten Mitarbeitenden besitzen entsprechend wenig Erfahrung im Krisenmanagement. «Deshalb wird in den Studiengängen auch gezeigt, wie man eine realistische Vorstellung der möglichen Notfälle und Krisen entwickeln kann», erklärt Christian Zipper. «Hier braucht es den Mut, sich mit Ereignissen auseinanderzusetzen, an die man lieber gar nicht denken will, beispielsweise einen Amoklauf in einem öffentlichen Gebäude oder eine mehrere Wochen dauernde Strommangellage.»