Gepostet 21.11.2017, Martina Tresch
Eine ungeschickte Äusserung, ein Griff zum Handy – es gibt viele Möglichkeiten, in Sachen Knigge negativ aufzufallen. Eine Expertin verrät, wie man Fettnäpfchen gekonnt umgeht.
Früher, könnte man denken, war der Knigge noch das A und O. Und einige der Klassiker in Sachen Umgangsformen kennt jeder: Salat nur mit der Gabel essen, den Fisch nur mit dem Fischmesser zerkleinern, zum Businessmeeting auf jeden Fall die Krawatte nicht vergessen. Aber gelten Knigge-Regeln wie diese heute noch genauso? Sind neue hinzugekommen, sind andere längst passé? Eine, die jeden Tag Fragen in Sachen Knigge beantwortet, ist Simone C. Styger. In Kursen zeigt sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie sie im Beruf und im Alltag überzeugend auftreten und bringt ihnen einen guten Umgang bei. „Umgangsformen haben viel mit Respekt, Toleranz und Herzensbildung zu tun. Und diese Tugenden gehen eben nie aus der Mode“, verrät die Expertin für Stil- und Etikettefragen. Und diese Tugenden gelten gleichermassen in Beruf und im Privatleben. Natürlich würden ihr oft Leute auffallen, die keine oder schlechte Manieren an den Tag legen. „Aber wem fallen solche Menschen nicht auf?“ Spannend werde es vor allem dann, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen. „Kulturen, mit unterschiedlichen und unbewussten Vorstellungen davon, was richtig und normal ist.“ Zum Beispiel habe sie kürzlich in Japan feststellen müssen, wie sehr wir hier in der Schweiz Individualisten sind, während diese Kultur alles dem Kollektiv unterordne.
Dass sich die Umgangsformen in einer Kultur ändern, ist Tatsache und ganz normal, wie Simone Styger verrät. „Normalerweise dauert es rund eine Generation bis sich neue Regeln durchsetzen.“ Grundsätzlich gilt: So wie sich die Gesellschaft ändert, müssen auch die Regeln angepasst werden. Es gibt aber tatsächlich Personen, die gesellschaftliche Veränderungen beobachten und Empfehlungen erstellen. Dem sogenannten Arbeitskreis Umgangsformen international gehören Vertreter aus 21 Länder an. Solch eine Empfehlung, die sich in den letzten Jahren verändert hat, betrifft das Thema Handy, erklärt die Knigge-Expertin: „Früher war es ein Privileg, wenn man ein Mobiltelefon besass – heute ist es ein Privileg, wenn man nicht jederzeit erreichbar sein muss.“ Eine der meist verletzten Knigge-Regeln unserer Zeit, wie Simone Styger erklärt, betrifft denn auch genau dieses kleine Mobilgerät: „Wenn Du in einer Interaktion mit Menschen aus Fleisch und Blut bist, sollte dieser wichtiger sein als jedes elektronische Spielzeug. Und jetzt beobachten Sie mal die Menschen in einem Restaurant oder an einer Sitzung“, berichtet die Expertin, die früher in der Fashionindustrie gearbeitet und sich ihr Wissen unter anderem bei einer Dame aneignen durfte, die 30 Jahre lang eine Persönlichkeits- und Gesellschaftsschule leitete.
Nun kann man sich aber fragen: Sind gute Manieren lernbar oder können sich einige Personen wohl nie passend benehmen? „Selbstverständlich bin ich überzeugt, dass jeder sich das Wissen um die aktuellen Umgangsformen aneignen kann. Aber danach ist es wie überall: Training, Training, Training.“ Sie könne ihren Kursteilnehmern nicht garantieren, dass sie nie wieder in ein Fettnäpfchen treten. „Doch ich kann ihnen garantieren, dass Sie bemerken, wenn sie das nächste Mal eines betreten und dann wissen, wie sie einigermassen elegant wieder herausfinden.“ Simone C. Styger schult mit ihrer Firma The Style Connection seit 1999 Unternehmen und Privatpersonen nach den gültigen Knigge-Regeln. „Ich begleite ausserdem Menschen auf ihrem Weg, die beste Version von sich selber zu werden.“ Dafür gründete sie in diesem Jahr die Firma The Coach Connection, bei der sich ein Expertenteam von verschiedenen Beratern um die persönliche Weiterentwicklung, Entscheidungshilfe und Verhaltensänderungen kümmern. „Klienten aus der ganzen Schweiz finden den Weg zu uns“, so Simone Styger, die ausserdem Knigge-Kurse an der Zürich Business-School gibt.
„Wenn Du in einer Interaktion mit Menschen aus Fleisch und Blut bist, sollte dieser wichtiger sein als jedes elektronische Spielzeug.“
In ihren Kursen setzt die Expertin in Sachen Umgangsformen weniger auf Theorie, dafür vielmehr auf konkrete Situationen. So übt sie mit ihren Seminarteilnehmern, welche Small-Talk-Themen sich eignen, wie sie aus einem Gespräch elegant wieder herauskommen oder wie sie gleichzeitig ein Glas und ein Häppchen halten. „All diese Situationen üben wir live miteinander und haben dabei ganz viel Spass.“ Auch das richtige Vorstellen sowie sämtliche Tischmanieren aber auch der Umgang mit den neuen Medien gehören zu ihrem Kursstoff. Selbst in Sachen Auftreten gibt die Style-Expertin Tipps. Was dort gerade gilt? „Es gibt hier keine Schwarz-Weiss-Regeln. Je nachdem, in welcher Situation und Position sich jemand befindet, ist ganz andere Kleidung gefragt.“ Auch spiele es eine Rolle, welches Image eine Firma mit ihren Kleiderregeln nach Aussen transportieren möchte. „In diesen Fällen ist es ganz wichtig, den Mitarbeitern zu erklären, warum man sich einen gewissen Auftritt wünscht – dies soll nämlich nicht als Schikane empfunden werden.“ Wenn auch die Kleidung inzwischen sehr individuell geworden ist – was sich laut dem Knigge-Coach für jedermann lohnt, ob im Beruf oder privat: Seine Körpersprache überprüfen. Wirke ich nach Aussen wirklich so, wie ich mich selbst sehe? Denn, sie Stil-Expertin verrät: Wer seine eigene Persönlichkeit besser versteht, kann seine eigenen Persönlichkeitsmerkmale akzeptieren und diese auch passend einsetzen.
Simone Styger gibt Tipps für ein besseres Auftreten