Künstliche Intelligenz: Einfluss auf die Arbeitswelt der Schweiz

Gepostet 21.11.2024, Romy Niederberger

Laut einer Analyse von Avenir Suisse werden Investitionen in Informationstechnologien, darunter KI, die Arbeitswelt erheblich verändern. Einige Berufe gewinnen an Produktivität, andere sind gefährdet und könnten wegfallen.

KI ersetzt zukünftig Arbeitskräfte. Foto: Adobe Stock
KI ersetzt zukünftig Arbeitskräfte. Foto: Adobe Stock

Gemäss Beitrag von Avenir Suisse, wird die Künstliche Intelligenz (Abkürzung KI) heutzutage so oft genutzt, dass sie wieder zu einer gewissen KI-Müdigkeit führt. Man ist sich inzwischen gewohnt, dass man sich an die KI wendet, wenn Texte verfasst, umgeschrieben oder Titel generiert werden sollen. Ausserdem bleiben wissenschaftliche Informationen häufig ungenau und abweichend, was die Erwartungen an die Künstliche Intelligenz dämpft.
In Zukunft könnte die KI in unserer Arbeitswelt eine entscheidende Rolle spielen indem sie die Arbeitskräfte ersetzt und dessen Aufträge von der KI erledigt werden. Die Frage ist jedoch: Welche Berufe könnten durch die KI ersetzt werden und wer würde davon profitieren?

Welche Berufe sind davon betroffen?

Führungskräfte sowie Lehrpersonen profitieren von den Erfolgserlebnissen der KI. Auch für Natur-, Sozial- und Rechtswissenschaftler ist die Künstliche Intelligenz von Vorteil. Es gibt dennoch Fachkräfte im Bereich Kommunikation und Betriebswirte, welche eher zur Gruppe der gefährdeten Berufe gehören. Die Arbeit solcher Fachkräfte besteht aus Aufgaben, die man an die KI überlassen könnte.

Empfohlene Angebote

Die Gruppen der wenig tangierten Berufe und begünstigten Berufe, also Berufe mit einem niedrigen Exposure-Score (Gefährdungsindex), sind sehr vielfältig und umfassen sowohl Handwerksberufe wie Elektriker und Sicherheitskräfte als auch akademische Berufe wie Ingenieure und Gesundheitsberufe. Diese Berufsgruppen zeichnen sich durch eine hohe Komplementarität mit Künstlicher Intelligenz aus, stehen jedoch im Hinblick auf ihre Anfälligkeit gegenüber KI im Durchschnitt aller Berufe.

Hilfskräfte und gering Qualifizierte profitieren weniger von der KI, dennoch sind sie einem geringeren Risiko ausgesetzt. Führungskräfte gehören zu den stärksten Profiteuren, im Gegensatz zu den Bürokräften, welche rund 80% durch KI potenziell konkurriert werden. Es betrifft etwa 490 000 Bürokräfte, von denen 380 000 ohne spezialisierte Qualifikation besonders stark betroffen sind.

Hier finden Sie einen Überblick, welche Berufe mit welchem Exposure-Score in Verbindung gebracht werden:

Profitierende Berufe:

  • 1. Geschäftsführer
  • 2. Kaufmännische Führungskräfte
  • 3. Führungskräfte Produktion
  • 4. Naturwissenschaftler, Ingenieure
  • 5. Lehrkräfte
  • 6. Sozialwissenschaftler, Juristen

Begünstigte Berufe:

  • 7. Führungskräfte Hotel und Gastronomie
  • 8. Ärzte und verwandte Gesundheitsberufe (akademisch)
  • 9. Ingenieurtechnische Fachkräfte
  • 10. Juristische, sozialpflegerische Berufe (nicht akademisch)
  • 11. Betreuungskräfte
  • 12. Sicherheitskräfte
  • 13. Forstwirte, Fischer
  • 14. Baufachkräfte
  • 15. Elektriker
  • 16. Fahrer, Bediener mobiler Anlagen

Wenig tangierte Berufe:

  • 17. Assistenzberufe Gesundheit
  • 18. Bürokräfte mit Kundenkontakt
  • 19. Personenbezogene DL
  • 20. Verkaufskräfte
  • 21. Fachkräfte Landwirtschaft
  • 22. Metallarbeiter, Mechaniker
  • 23. Präzisionshandwerker
  • 24. Nahrungsmittelverarbeiter
  • 25. Bediener von Maschinen
  • 26. Montageberufe
  • 27. Reinigungspersonal
  • 28. Hilfsarbeiter Landwirtschaft
  • 29. Hilfsarbeiter Bau
  • 30. Hilfsarbeiter Nahrungsmittelverarbeitung
  • 31. Abfallentsorgung

Gefährdete Berufe:

  • 32. Betriebswirte (akademisch)
  • 33. IKTTechniker (akademisch)
  • 34. Betriebswirte (nicht akademisch)
  • 35. IKTTechniker
  • 36. Allg. Bürokräfte
  • 37. Bürokräfte Finanzen
  • 38. Spezialisierte Bürokräft

Quelle: BfS SAKE (2022), eigene Berechnungen Avenir Suisse

 

Ein hoher Bildungsabschluss allein ist keine Garantie vor KI-Konkurrenz

Früher wurden einfache, immer gleich ablaufende Arbeiten zuerst von Maschinen und später durch Computer übernommen. Heute, mit der Einführung von KI, gehen die neuen Technologien noch weiter und greifen auch in Arbeitsbereiche ein, in denen komplexe und weniger klar strukturierte Aufgaben erledigt werden. Das betrifft besonders hochqualifizierte Menschen, denn sie profitieren nicht mehr nur von der Technologie – sie stehen nun auch in Konkurrenz zu ihr. Gleichzeitig bietet KI für geringqualifizierte Personen Chancen, auf dem Arbeitsmarkt weiterhin eine Rolle zu spielen.

Ein hoher Bildungsabschluss erhöht zwar die Wahrscheinlichkeit, KI effektiv zur Produktivitätssteigerung in die Arbeit zu integrieren, doch Bildung allein schützt nicht vor der Konkurrenz durch KI. Auch hochqualifizierte Berufe könnten von der Automatisierung betroffen sein. Schätzungen zufolge könnten etwa 25% der Hochschulabsolventen und fast 33% der Erwerbstätigen mit höherer Berufsbildung durch KI potenziell gefährdet sein. Jeder Vierte der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss und jeder Dritte mit höherer Berufsbildung steht also im Wettbewerb mit KI.

Weil besser ausgebildete Personen häufig auch besser verdienen, profitieren Menschen mit höherem Einkommen meist stärker von KI. Der Medianstundenlohn derjenigen, die am meisten von KI profitieren, liegt bei 52 Franken – deutlich über dem Gesamtdurchschnitt von 38 Franken. Im Vergleich dazu verdienen die Beschäftigten, die von KI kaum betroffen sind, im Median nur 30 Franken und verfügen oft über einen niedrigen Bildungsabschluss.

Fest steht also: Wer mehr verdient, hat oft auch mehr Vorteile durch KI. Über die Hälfte der Beschäftigten in der höchsten Lohnklasse zählt zu den Profiteuren. Gleichzeitig arbeiten über 50% der Menschen in der niedrigsten Lohnklasse in Berufen, die von KI kaum beeinflusst werden. Dennoch sollte man nicht vergessen: Ein hoher Lohn oder ein guter Bildungsabschluss schützt nicht vor der Konkurrenz durch KI. Über ein Drittel der Beschäftigten in den höchsten Lohnklassen befindet sich bereits in einem potenziellen Wettbewerbsverhältnis zur Künstlichen Intelligenz.

Statistik: BfS SAKE (2022), eigene Berechnungen Avenir Suisse

KI in der Schweiz

Der Schweizer Arbeitsmarkt zeigt grosse Flexibilität in einem schnellen technologischen Wandel. Unternehmen und Arbeitnehmer passen sich an, schaffen jährlich viele neue Stellen und die Nachfrage nach KI-Kompetenzen steigt. Die Anzahl von IKT-Fachkräften ist leicht über dem EU-Durchschnitt, aber niedriger als in Spitzenländern wie Finnland. KI könnte den Fachkräftemangel, verstärkt durch demografische Veränderungen, teilweise ausgleichen. Die langfristigen Folgen der KI bleiben unvorhersehbar, ähnlich wie frühere technologische Umbrüche.

Produktive Nutzung von KI

Die Produktivität von KI hängt stark von den individuellen Bildungs- und Weiterbildungsgewohnheiten ab. Personen mit hoher Bildung tendieren dazu, sich aktiver neues Wissen anzueignen, was ihre Nutzung von KI fördert. Jene mit niedriegerem Bildungsstand eher nicht. Bei Frauen lässt sich zeigen, dass 32% mit tertiärem Abschluss sich regelmäßig weiterbilden, während nur 27% der weniger qualifizierten Frauen eine Weiterbildung angehen, was sie insgesamt stärker von den Auswirkungen der KI betrifft als Männer.

KI In der Ausbildung

Die kaufmännische Lehre wurde kürzlich im Zuge der Digitalisierung überarbeitet, wobei Technologie nun eine zentrale Rolle im Lehrplan spielt. Es bleibt trotzdem abzuwarten, wie intensiv Künstliche Intelligenz dabei integriert wird. Jugendliche geben bereits Hinweise zur technologischen Veränderung: Ihr Interesse, eine kaufmännische Lehre anzufangen, lag in den vergangenen Jahren bei 21%, im Frühjahr 2024 aber nur noch bei 17% (Golder et al., 2024).

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