Gepostet 06.09.2017, Bildung Schweiz
Wenn in der Schule der Schuh drückt, man die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium schaffen möchte oder in der Lehre am Anschlag ist, kann Nachhilfe ein gewinnbringender Ansatz sein, wieder richtig durchzustarten.
1.2 Millionen Kids sollen es in Deutschland sein, über 250’000 in Österreich und gut 70’000 in der Schweiz – ihnen ist gemeinsam, dass sie bezahlte Nachhilfe in Anspruch nehmen, wobei in der Schweiz im Schnitt ein Drittel der Acht- und Neuntklässler nach dem obligatorischen Unterricht nochmals die Schulbank drückt. Experten schätzen, dass sich Schweizer Eltern das „Notendoping“ jährlich bis zu 300 Millionen Franken kosten lassen. Doch wer nimmt denn eigentlich Nachhilfe? Familienvater Martin Wegmüller* räumt ein, dass es vor allem darum gehe, dass sein Sohn in der Lehre erfolgreich sei. „Schön wäre natürlich, wenn es mit der Berufsmaturität klappen würde“, umreisst er seinen Wunsch, der auch jener seines Sprösslings sei, wie dieser ebenfalls beteuert. Die Vorteile des flexiblen Privatlehrers seien die hohen Kosten wert, sagt Martin Wegmüller*, „denn mit ihm kann mein Sohn intensiv und zielgerichtet arbeiten“. In den heutigen, sehr heterogenen Schulklassen hätte sein Sohn während der obligatorischen Schulzeit – beginnend ab der Mittelstufe – einfach zu wenig mitbekommen.
Bildungsforscher Stefan Wolter ist skeptisch, wenn es um Nachhilfe geht. Sie nütze kurzfristig sicher, wenn es sich um gelegentliche Nachhilfe handle, wenn etwa ein bestimmter Stoff nicht verstanden worden sei. Bei regelmässigem und intensivem Hochfrequenzunterricht, also wenn man viele Nachhilfelektionen über eine lange Zeit nehme, sei die Wirkung eher negativ, führt er aus. Überzeugt davon, dass Nachhilfe etwas bewirken kann, ist Gabriel Aeschbacher. Der Nachhilfecoach glaubt an sein Projekt, das er mit Beginn des aktuellen Schuljahrs lanciert hat. „Nicht immer sind es verfahrene Situationen, bei denen ich auf den Plan gerufen werde. Vielmehr geht es heute auch darum, Stoff zu festigen und dem Jugendlichen Selbstvertrauen einzuimpfen.“ In einem ersten Gespräch gehe es darum, zu sehen, wo der Schuh drücke – und ob Eltern und Kinder gemeinsame und realistische Ziele definieren würden. „Ich will Klarheit darüber haben, mit wem ich arbeite und zu welchem Ziel meine Unterstützung führen soll“, skizziert er seine Philosophie. Jemanden zu unterstützen, um kurzfristig hohe und vielleicht gar unrealistische Ziele zu erreichen, erachtet er nicht als zielführend. Martin Wegmüller* präzisiert denn auch, dass es ihm einfach darum gehe, seinem Sohn die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Fakt ist aber auch, dass das Bestehen einer Aufnahmeprüfung – zum Beispiel ins Gymnasium – bis zu einem gewissen Grad «erkauft» werden kann, denn wer mit den Vorlagen oft genug übt, hat reelle Chancen, den gymnasialen Zug zu erwischen. Vor allem im Kanton Zürich ist das Geschäft mit den Vorbereitungskursen zu einer regelrechten Industrie geworden, deren Nachhaltigkeit bis heute wenig kritisch diskutiert wird.
„Schweizer Eltern investieren jährlich bis zu 300 Millionen Franken in den Nachhilfeunterricht.“
Öffentliche Schulen haben reagiert und stellen heute Gefässe zur Verfügung, während denen an den Aufgaben gearbeitet werden kann. Zum Teil sind diese Studien beaufsichtigt, manchmal gar betreut, so dass auch Fragen zum Stoff gestellt werden können. Selbst Berufsschulen bieten häufig eine Vielzahl interner Stützkurse an, wenn es schulisch nicht ganz rund läuft. Dies bestätigt auch Beatrice Cortiula vom Kaufmännischen Bildungszentrum in Zug. „Wenn Lernende dennoch externe Hilfe in Anspruch nehmen wollen und uns nach Rat fragen, empfehlen wir lokale Plattformen, wo man sich gezielt Hilfe holen kann. Wem dies nicht reicht, kann im Bedarfsfall immer noch auf eine Privatschule ausweichen, denn dort gibt es in der Regel eine Betreuung, die so weit geht, dass die allermeisten Hausaufgaben bereits im Rahmen der Studienzeiten erledigt werden.
*Name der Redaktion bekannt
Dein schulischer Fitnesstrainer …
Wichtig ist, verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen. Zu beachten gilt zudem, dass professionelle Anbieter deutlich teurer sind als zum Beispiel Gymnasiasten, welche Hilfe für (fast) Gleichaltrige anbieten.