Sich rüsten für die Arbeit im Verkauf

Gepostet 04.04.2016, Myriam Arnold

Eine Versicherung kann im Notfall vor dem finanziellen Ruin schützen. Demjenigen, der sie verkauft, obliegt somit eine grosse Verantwortung. Wie ist die Ausbildung zum Versicherungsberater ausgestaltet und was bringt der Beruf im Verkauf mit sich?

Im Verkauf von Versicherungen dreht sich alles um die Frage des Risikos. Kann beispielsweise eine kaputte Fensterscheibe, ein gestohlenes Auto oder ein plötzlicher Berufsausfall finanziell selber getragen werden oder nicht? Die Versicherungsberater unterstützen ihre Kunden in der Beantwortung dieser Fragen. Wir haben mit Hermann Epp (43), Leiter der Generalagentur Altdorf der Zurich Insurance Group, und Pascal Indergand (30) über die Ausbildung zum Versicherungsvermittler und über die Besonderheiten eines Berufs im Verkauf gesprochen.

Bildung-Schweiz.ch: Pascal Indergand, seit gut drei Monaten sind Sie im Beruf des Versicherungsberaters bei der Zurich Schweiz. Wie gefällt es?

Pascal Indergand: Es gefällt mir sehr gut. Es ist ein abwechslungsreicher, spannender Job – jetzt am Anfang sowieso. Jeden Tag lerne ich neue Prozesse kennen und erarbeite mir Know-how in einem Thema, über das ich als Quereinsteiger zuvor nicht viel wusste.

Wo erhalten Sie dieses neue Wissen?

P. I.: Zum einen „on the job“ in der Generalagentur Altdorf, zum anderen in der Ausbildung zum Versicherungsvermittler VBV der Zurich Insurance Group.

Eine hauseigene Ausbildung? Erzählen Sie uns bitte davon.

P. I.: Die Ausbildung, die unter Aufsicht des Bundes steht, dauert zwei Jahre. Wir haben jeweils blockweise im Hauptsitz in Zürich Unterricht. Den ersten Block beendete ich kürzlich. Jetzt heisst es für die nächsten zwei Monate, mich fernab der Schulbank in der Praxis zu erproben. In diesem Rhythmus geht es weiter bis zur eidgenössischen VBV-Prüfung.

In welchen Fächer werden Sie unterrichtet?

Pascal Indergand: Wir haben Lektionen in Recht und in Sach-, Sozial-, Personen- sowie Vermögensversicherungen.

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Hermann Epp, ein derart breites Themenspektrum spricht für Spezialisierungen. Oder nicht?

Hermann Epp: Die zweijährige Ausbildung zum Versicherungsvermittler VBV ist in der Tat breit, sie ist sozusagen eine Grundbildung. Sie schafft das Fundament, worauf alles Weitere aufbaut. Die Spezialisierung erfolgt erst später, beispielsweise zum Firmenkundenberater oder zum Finanzplaner. Die Möglichkeiten, sich nach der Grundbildung zu spezialisieren oder weiterzubilden, sind schier endlos.

Wie wichtig ist Weiterbildung im Verkauf?

H. E.: Sie ist in unserem Metier elementar. Wenn sich beispielsweise die Gesetzgebung oder interne Abläufe ändern, müssen vor allem die Versicherungsberater auf dem aktuellsten Stand sein. Sie sind an der Front tätig und stehen dem Kunden Rede und Antwort.

„Weiterbildung ist in der Versicherungsbranche elementar.“

Wie sind die Verdienstmöglichkeiten?

H. E.: Im Verkauf kann man überdurchschnittlich viel verdienen, muss dafür aber auch überdurchschnittlich viel leisten. Oder anders gesagt: Ein Berater, der am Tag normal acht Stunden arbeitet, kommt kaum auf den Gehalt eines kaufmännischen Angestellten. Investiert ein Berater aber mehr, steht beispielsweise auch nach Feierabend oder am Wochenende seinen Kunden zur Verfügung oder pflegt Kontakte, so kann er Ende Monat einen sehr guten Lohn einfahren.

Wie setzt sich der Lohn zusammen?

H. E.: Nach der Ausbildung hat jeder Berater im Verkauf einen Basislohn. Der Rest wird via Leistung entlohnt. Da kommen Abschlussprovisionen, Zielprovisionen und Superprovisionen hinzu. Sie machen den Grossteil des Lohns aus.

P. I.: Dies betrifft uns im ersten Ausbildungsjahr aber noch nicht. Wir haben einen Garantielohn, weil die solide Ausbildung und nicht die Leistung im Vordergrund steht. Im zweiten Ausbildungsjahr wird der Anteil des Leistungslohnes etwas grösser.

H. E.: So ist es. Die angehenden Versicherungsvermittler werden so sukzessive an die Leistungsorientierung gewöhnt. Das ist jedoch von Versicherungsunternehmen zu Versicherungsunternehmen unterschiedlich.

Wie finden Sie im Bewerbungsverfahren oder im Assessment heraus, ob ein Bewerber diesem Leistungsdruck standhalten kann?

H. E.: Bei einer grossen Gesellschaft wie Zurich sind es standardisierte Verfahren. Es beginnt mit einem Vorstellungsgespräch in der Generalagentur mit dem Generalagenten. Danach folgen ein Persönlichkeitstest und ein weiteres Gespräch mit einem HR-Verantwortlichen, dem Gebietsverkaufsleiter und wieder dem Generalagent. Wenn alle drei Parteien für eine Anstellung sind, wird sie dem Bewerber angeboten.

„Vernetztes und unternehmerisches Denken, Empathie, gute Umgangsformen, selbstsicheres Auftreten und Durchhaltevermögen sind wichtig.“

Welche Fähigkeiten muss ein Versicherungsvermittler mitbringen?

H. E.: Vernetztes und unternehmerisches Denken, Empathie, gute Umgangsformen, selbstsicheres Auftreten und Durchhaltevermögen sind wichtig. Kommunikationsfähigkeiten, soziales Engagement und ein gutes Netzwerk sind ebenfalls vorteilhaft.

Das sind alles anspruchsvolle Anforderungen, dennoch ist das Berufsimage im Verkauf nicht besonders gut. Wie erklären Sie sich das?

H. E.: Unser Beruf wird vielfach unterschätzt – sowohl von der Gesellschaft als auch von Berufseinsteigern. Letztere schätzen den Umgang mit der Versicherungsmaterie, den Verkaufszielen, dem Leistungslohn und den Arbeitsbedingungen falsch ein. Gerade das Handling mit der Selbstständigkeit kann anspruchsvoll sein. Nicht allen Menschen liegt es, sich selbstständig zu behaupten.

Als Versicherungsberater ist man selbstständig?

H. E.: Genau, man ist quasi Unternehmer in einem Unternehmen. Wir können uns verwirklichen als Selbstständige und haben dennoch ein Fallnetz.

Ein Fallnetz, das einen bei einem allfälligen Absturz auffängt?

H. E.: Nicht nur. Auch wenn zum Beispiel ein langjähriger Kunde zur Konkurrenz wechselt trotz guter Betreuung, hat der Versicherungsberater im Unternehmen Kolleginnen und Kollegen, die einen wieder aufbauen und helfen, die Situation zu analysieren.

Kolleginnen? Verkaufsberaterinnen sind eher dünn gesät.

H. E.: Das stimmt, obwohl sie aufgrund der Anforderungen dazu prädestiniert wären. Leider bewerben sich nur wenige Frauen.

Weshalb?

H. E.: Da kann ich nur Vermutungen anstellen. Zum einen ist es schwierig, im Verkauf Teilzeit zu arbeiten. Zum anderen sind die ersten drei bis fünf Jahre in unserem Beruf entscheidend. Man ist intensiv mit der Saat beschäftigt, erst dann können die Früchte geerntet werden. In dieser Zeit, typischerweise sind unsere Anfänger zwischen 25 und 35 Jahre alt, kommt oft der Familienwunsch auf.

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