Gepostet 09.04.2021, Ruedi Bomatter
Jeder Mensch verhandelt. Jeden Tag. Wer erfolgreich verhandeln kann, erreicht mehr. Wir zeigen, was es für erfolgreiche Verhandlungen zu beachten gibt und welche Weiterbildungen in diesem Bereich möglich sind.
Wenn es um erfolgreiches Verhandeln geht, denken viele an starke Argumente, an kluge Rhetorik und an Durchsetzungsvermögen. Das klingt zwar gut, ist aber nur beschränkt richtig. «Verhandeln ist gemeinsame Problemlösung mit dem Ziel, dass beide Seiten davon profitieren», sagt die Soziologin Elisa Streuli, Beraterin und Dozentin am Institut für Angewandte Psychologie in Zürich. Dabei geht es weder um Kompromiss noch um Konfrontation sondern um eine sogenannte Win-Win-Lösung. Wer das erreichen will, muss sich auf das Verhandlungsgespräch vorbereiten. «Wichtig ist, dass man während der Vorbereitung nicht nur über die eigenen Ziele nachdenkt, sondern auch über die des Verhandlungspartners», so Susanne Krebs, Geschäftsführerin der Lake Constance Graduate School, Tochterunternehmung der Hochschule in Konstanz. Was ist meinem Gegenüber wichtig? Was will er erreichen? Womit könnte er mich überraschen? Wogegen muss ich mich wappnen? Rainer Manderla, Trainer bei der LCGS dazu: «Wer Alternativen zur Verhandlung sowie zum Partner entwickelt, gewinnt Verhandlungsmacht und macht sich vom Partner unabhängig. Wer sich dann mit einer Mini-Max-Strategie noch klare Grenzen setzt und sich bewusst macht, bis wohin er mitgeht bzw. wann er aussteigt, hat in Sachen Klarheit, Zielorientierung und Sicherheit schon eine Menge erreicht.»
Steigen Sie offen, freundlich und respektvoll aber auch zielorientiert in die Verhandlung. «Damit erzeugen Sie nicht nur Sympathie sondern zeigen auch Ihre Kompetenz. Im weiteren Verlauf der Verhandlung sollten Sie ihrem Verhandlungspartner Interesse und Verständnis entgegenbringen, Gemeinsamkeiten suchen und lösungsorientiert an die Sache herangehen. Verhandeln Sie hart in der Sache und weich zu den Menschen», so Rainer Manderla weiter. Elisa Streuli dazu: «Denken Sie in Varianten und entwickeln Sie verschiedene Optionen, vor allem auch für die andere Seite. Eine Gefahr ist, dass man viel zu schnell die andere Seite von der eigenen Position zu überzeugen versucht, statt zuerst zuzuhören, was der anderen Seite wichtig ist.» Dabei gibt es durchaus auch Platz für Emotionen. «Positive Emotionen wie Freude, Motivation oder Begeisterung sollten in jedem Fall bestätigt und auch genutzt werden. Wenn man aber merkt, dass Ärger, Frust oder Unlust aufkommt, macht es Sinn, die Verhandlung für eine kurze Pause oder auch für eine längere Bedenkzeit zu unterbrechen», sagt Susanne Krebs. Ein Bluff mag sich bei einem Pokerspiel auszahlen, nicht aber bei einem Verhandlungsgespräch. Das erweist sich schnell als Bumerang. «Wenn die Gegenseite den Bluff durchschaut, verliert man das grösste Gut in Verhandlungen: die eigene Glaubwürdigkeit. Das bedeutet aber keinesfalls, dass man immer alle Karten auf den Tisch legen sollte, aber zinken darf man die Karten nicht», so Elisa Streuli. Wenn der Eindruck entsteht, dass mich das Gegenüber zu hintergehen versucht, ist das unbedingt anzusprechen. «Beim ersten Mal kann man das gegenüber der Verhandlungspartnerin als Missverständnis darstellen, so kann sie das Gesicht wahren und wird moralisch nicht in Frage gestellt. Wenn sich der zweifelhafte Eindruck aber erhärtet, dann passen die Interessen einfach nicht zusammen», sagt Elisa Streuli weiter. Spätestens wenn klar wird, dass man die Ziele nicht erreichen kann, dass die vorher gesetzte Untergrenze unterschritten wird oder wenn das Bauchgefühl sagt, dass das nicht mehr bringt, sollte die Verhandlung abgebrochen werden.
Sowohl Susanne Krebs (LCGS) wie Elisa Streuli (IAP) sind sich einig, dass erfolgreiches Verhandeln lernbar ist. Wer sich im Bereich Verhandlungstechnik und Verhandlungsgeschick weiterbilden möchte, findet auf dem Markt eine Vielzahl von Bildungsangeboten. Diese reichen von Crash-Kursen über individuelle Live-Online-Trainings, Rollenspiele und Simulationen bis hin zu mehrtägigen Seminaren. Weiterbildungen im Bereich Kommunikationspsychologie und Menschenkenntnissen runden das Angebot ab.