Gepostet 12.11.2015, Myriam Arnold
Private Haushalte in der Schweiz müssen für Erziehung und Unterricht tiefer in die Tasche greifen. Das zeigt der Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) vom September 2015 auf. Dies ist indes nur die halbe Wahrheit. Die Hintergründe sind vielschichtiger.
Obwohl der September bereits wieder etwas hinter uns liegt, bleibt er in zweierlei Hinsicht interessant für den Bereich Bildung. Einerseits startete an vielen Hochschulen das Herbstsemester. Die Universitäten und Fachhochschulen füllten sich wieder mit Studierenden und somit auch mit Wissbegierde, Eifer und Tatendrang. Anderseits erhob das Bundesamt für Statistik (BFS) den Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) für die Warengruppe „Erziehung und Unterricht“.
Diese Erhebung ist deshalb bedeutsam, weil die Bildungskosten lediglich zwei Mal im Jahr berechnet werden, nämlich jeweils im September und im Dezember. Für andere Warengruppen wie beispielsweise „Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke“ oder „Bekleidung und Schuhe“ erfolgen indes monatliche Berechnungen. Dieser Umstand rühre daher, da sich die Bildungskosten in der Regel nicht häufiger ändern würden, sagt Hans Markus Herren. Er ist der Bereichsleiter Konsumentenpreise beim BFS und erklärt weiter: „Die meisten Preise werden im Herbst für das folgende Schuljahr festgelegt. Gewisse Preise sind im September noch nicht bekannt, da sie erst im Dezember erfasst werden.“
Der LIK zeigt unter anderem auf, wie sich die Bildungskosten, welche die privaten Haushalte selbst zu tragen haben, in den letzten Monaten entwickelt haben und welcher Trend sich abzeichnet. In der Hauptgruppe „Erziehung und Unterricht“ lässt sich seit Jahren nur eine Richtung erkennen: Aufwärts. Seit dem Basismonat Dezember 2010 stiegen die Kosten für Aus- und Weiterbildung um 7.3%. Dasselbe Bild zeichnet die aktuelle Erhebung. Der Bildungsindex ist von 106.3 Ende 2014 auf 107.3 Punkte angestiegen. Grund für diesen Anstieg seien diverse Preiserhöhungen in allen Bereichen der Bildung, wie das BFS verlauten lässt. Konkrete Beispiele hierfür können Anpassungen der Schulgelder sein, die Schulen und Institute aufgrund höherer Mieten oder Gehälter vorzunehmen haben.
Auch die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat für diesen Herbst bei der Weiterbildung punktuell Preisanpassungen vorgenommen. Gemäss Claudia Gähwiler von der ZHAW wird die Qualität und die Preisstruktur des Weiterbildungsangebots regelmässig überprüft und gegebenenfalls bei einzelnen Angeboten eine Anpassung an den Markt vorgenommen. „Hochschulen müssen das Weiterbildungsangebot kostendeckend anbieten, da im Leistungsbereich Weiterbildung keine Quersubventionierungen erlaubt sind“, erklärt Gähwiler und führt weiter aus: „In der grundständigen Lehre sind die Studiengebühren gesetzlich festgelegt und betragen für das Bachelor- und das Masterstudium 720 Franken pro Semester.“ Dieses gesetzliche Limit sei seit 2012 unverändert.
Betrachtet man alle Hauptgruppen des Warenkorbs, steht der Index zurzeit bei 97.7 Punkten. Für das gesamte Jahr prognostiziert das BFS eine Teuerung von -1.1%, sprich es wird eine Senkung des Preisniveaus erwartet. Warum sinken also die Ausgaben für Nahrungsmittel, Energie und Telekommunikation, während die Bildungskosten steigen? „Im Bereich der Bildung beobachten wir seit vielen Jahren, dass die Preise im Jahresrhythmus leicht erhöht werden“, führt Hans Markus Herren aus. Dies entspreche einem Muster, welches das BFS auch für viele andere inländischen Dienstleistungen beobachtet. „So sind auch die Preise für öffentliche Transportdienstleistungen auf Schiene und Strasse (+9.8%) und für Mieten (+4.2%) seit Dezember 2010 gestiegen.“
Auch wenn sich die Bildungskosten – losgelöst vom gesamten Warenkorb betrachtet – jährlich leicht erhöhen, ist Empörung, Entrüstung oder Skandalisierung fehl am Platz. „Das Totalgewicht in der Hauptgruppe ‚Erziehung und Unterricht‘ bewegt sich seit 2001 immer zwischen 0.5 und 0.9% des gesamten Warenkorbes. Im 2015 steht die Gewichtung für Erziehung und Unterricht bei 0.6%“, sagt Hans Markus Herren. Letztes Jahr stand sie noch bei 0.8%. Zum Vergleich: Die Unterposition „Zeitungen, Bücher und Schreibwaren“ in der Hauptgruppe „Freizeit und Kultur“ weist aktuell allein eine Gewichtung von 1.1% auf.
Kostendeckend und qualitativ hochstehend Wirtschaften im Hochpreisland Schweiz mit diversen gesetzlichen Vorgaben und Schranken: Viel Spielraum bleibt unseren Fakultäten nicht. Des Weiteren sollte man sich als Privathaushalt, aber auch als Unternehmen, stets John F. Kennedys Zitat vor Augen halten: „Es gibt nur eins was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.“