Burnout: Die Erkenntnis als erster Schritt

Gepostet 03.01.2020, Martina Tresch

Ständig erschöpft und gestresst. Schlaflose Nächte. Das Gefühl, versagt zu haben. Burnout betrifft immer mehr Menschen. Der erste Schritt: die Anerkennung, dass es eine Krankheit ist.

Burnout ist immer weiter verbreitet in unserer Gesellschaft. (© foto_tech / Adobe Stock)
Burnout ist immer weiter verbreitet in unserer Gesellschaft. (© foto_tech / Adobe Stock)

„Ich fühle mich ausgelaugt. Hartnäckige Schlafstörungen bestimmen meine Nächte, und damit verbunden tauchen Ängste auf, die Aufgaben des nächsten Tages aus Müdigkeit nicht mehr zu bewältigen. Ein Teufelskreis.“ Reto Vacchelli beschreibt, wie er sich vor einiger Zeit gefühlt hat. Dann, als er an einem Burnout erkrankt war. Damit ist er nicht alleine. Gemäss dem Job-Stress-Index 2018 hat rund jede vierte erwerbstätige Person Stress, also mehr Belastungen als Ressourcen am Arbeitsplatz. Der Anteil erschöpfter Personen tendiert gar gegen 30 Prozent, wie die Gesundheitsförderung Schweiz herausfand. Diesem Index nach hat sich der Anteil an gestressten Personen gegenüber den Vorjahren erhöht. Diese Beobachtung macht auch Evi Giannakopoulos von stress away®: „Die Zahl der Burnout-Krankschreibungen ist innerhalb der letzten fünf Jahre stark gestiegen.“ Besonders gefährdet, so die Stress-Expertin, seien Menschen in sozialen Berufen, also Ärzte, Krankenpfleger, Sozialarbeiter, Lehrer aber auch Manager, Schichtarbeiter, berufstätige Familienfrauen oder Beschäftigte zwischen zwei Hirarchieebenen. Unter Burnout versteht man den Zustand totaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit, der sich über längere Stressphasen entwickelt.

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Die Burnout-Gesellschaft

Unter dieser Dauererschöpfung litt auch Werbeberater Reto Vacchelli. „Nach unruhigen Nächten bin ich morgens gerädert und brauche oft Stunden, um mich aufzuraffen“, beschreibt er in einem Blogbeitrag unter dem Titel „Die Burnout-Gesellschaft“. Die vielen Einflüsse von Aussen, die er nicht adäquat verarbeitet habe, hätten zu innerer Gereiztheit geführt. „Weitere Anzeichen einer Erschöpfungsdepression sind Magenbeschwerden, Allergien und Gelenkschmerzen. Hinzu kommen Energieverlust und die anhaltende Müdigkeit“, hält er weiter fest. Die innere Unruhe und das Gefühl, mit immer mehr Aufwand immer weniger erledigen zu können, nennt Evi Giannakopoulos als weitere Anzeichen für ein Burnout. Der Hamburger Burnout-Experte Matthias Burisch, führt sie aus, unterscheide zwischen Burnout-Typen: der «Selbstverbrenner» (aktives Burnout) und das «Opfer der Verhältnisse» (passives Burnout). Während der „Selbstverbrenner“ sich seinen Stress selbst macht bis der Körper streikt, gerate das «Opfer der Verhältnisse» ohne eigenes Zutun in seine Stressfalle und finde aus verschiedenen Gründen keinen Ausweg (passives Burnout). 

Wenn Hilfe und Veränderung nötig sind

Ein Ausweg. Das ist das, was Betroffene baldmöglichst finden sollten, was aber oftmals sehr schwierig ist. Noch immer ist Burnout ein Tabu, Gefühle des Versagens plagen Betroffene. „Burnout hat für mich nichts mit Versagen zu tun“, hält Evi Giannakopoulos fest. Sehr oft hätten sich Personen mit Leidenschaft für eine Sache eingesetzt. Verschiedene Faktoren würden dann aber dazu führen, dass der Einsatz nicht mit Erfolg gekrönt wird und Menschen dadurch in ein Burnout schlittern. Die Erkenntnis, dass Veränderung und Hilfe nötig sind, ist der erste wichtige Schritt, betont die Stress-Expertin. Ein erfahrener Stress-Coach, der Hausarzt oder eine Psychologin können eine gute erste Anlaufstelle sein. „Meine Klienten, die mit einem Burnout zu mir kommen, sind sehr froh, dass sie Hilfe angenommen haben, denn das ist der erste Schritt zur Veränderung“, sagt Evi Giannakopoulos. Sie hat die von stress-away®-Methode entwickelt und erzielt mit dieser Trainingsmethode seit zwölf Jahren rasche Erfolge.

„Burnout hat für mich nichts mit Versagen zu tun.“

Die Kraft der Gedanken

Was aber geschieht in solch einem Stress-Seminar? „In meiner Aufgabe als Stresscoach und Seminarleiterin mache ich gestressten Menschen die eigene Kraft ihrer Gedanken, Überzeugungen und ihre Werte bewusst.“ Das gemeinsame Reflektieren helfe den Teilnehmenden mithilfe von Kurzübungen und kleinen Erfolgserlebnissen würden sie sich wieder als Mensch fühlen. „Denn Menschen, die in ein Burnout schlittern, haben meist vor allem eines gemeinsam: Sie versuchen, so gut wie möglich zu funktionieren und verdrängen langzeitig die Warnsignale“, so die Expertin mit 27 Jahren Erfahrung. Vier Wochen dauert ihr Trainingsprogramm: „Wir trainieren in den Bereichen Achtsamkeit, Mentaltraining, Entspannung und Herzkohärenz, psychisches Gleichgewicht, Zeitmanagement und Arbeitsorganisation, Antistress-Food, Bewegung.“ 

Kurse und Seminare zum Thema Burnout gibt es mittlerweile viele. Auch die Paracelsus Heilpraktikerschule, die rund 150 Seminare und Fachausbildungen anbietet, greift verschiedentlich das Thema Stress und Burnout auf. Auch bietet die Schule eine Fachfortbildung zum Burnoutberater an, die in Zürich bereits seit zehn Jahren zum schulischen Angebot gehört. Laut der Schulverwaltung wird die Fachfortbildung ein bis zweimal im Jahr angeboten und ist jeweils sehr gut besucht, insbesondere von Therapeuten aber auch Angehörigen von Burnout-Patienten oder einfach von Interessierten.  

Augenblicke geniessen und Alltag vergessen

„Nicht die Arbeitswelt treibt die narzisstisch Traumatisierten und besonders Sensiblen ins Burnout. Es sind vielmehr die falschen gesellschaftlichen Ideale“, schreibt Reto Vacchelli in seinem Beitrag und zum Widerstand auf. „Gegen die eigenen krankmachenden, falschen Überzeugungen in uns, die uns vorgaukeln, sie repräsentieren die ‚einzig mögliche Wahrheit unseres Seins’.“ Es gehe nicht darum, möglichst viel Last abzugeben, sondern eher um die Frage: „Was macht das Leben mit uns? Wir müssen das, was Leben ausmacht, das Dynamische, Unvorhergesehene, Herausfordernde, wieder zulassen. Und wir sollten wieder lernen, jene Augenblicke zu geniessen, in denen wir uns verlieren und unseren Alltag vergessen.“ Er selbst brauche noch einige Zeit, um sich an das neue Leben zu gewöhnen, an eines ohne Burnout. „Ein Leben, in dem ich mich nicht mehr ständig selber unter Druck setze und keine Angst mehr habe, etwas zu verpassen.“ Er arbeite zwar immer noch viel, Allerdings habe er sein Kompetenzprofil kritisch reflektiert. Ähnliches rät auch die Stressexpertin Betroffenen: „Nehmen Sie sich Zeit für eine Standortbestimmung. Hören Sie achtsam in sich hinein, was Sie stresst und wie Sie darauf reagieren. Notieren Sie, was Sie verändern möchten und gehen Sie dies aktiv an. Lassen Sie sich dabei unterstützen – den Weg muss man nicht alleine gehen.“

Tipps von Evi Giannakopoulos, um ein Burnout vorzubeugen:

  • Sich zwischendurch nach Aussen abgrenzen, wenn es zu viel ist. Dazu gehört auch Nein-Sagen zu anderen – und damit Ja zu sich selbst.
  • Den Tag mit Achtsamkeit und bewusst im Jetzt erleben. 
  • Wertschätzung für sich selbst und für Geleistetes entwickeln.
  • Ein Perspektivenwechsel erweitert die Selbst- und Weltwahrnehmung.  
  • Entspannungsübungen helfen, bewusst die Spannung aus dem Körper ausfliessen zu lassen, Herz-/Kreislauf zu regulieren und die innere Mitte wiederzufinden. 
  • Darauf achten, den Alltag mit Aktivitäten zu ergänzen, die Spass machen. 

 

Checkliste - Leide ich an Burnout?

Der Verein stressnostress.ch gibt auf seiner Internetseite viele nützliche Tipps und verweist auf verschiedene Anlaufstellen. Zudem kann ein Stress-Check ausgefüllt werden. Der Bund hat die Broschüre „Erschöpfung frühzeitig erkennen – Burnout vorbeugen“ herausgegeben, die ebenfalls wertvolle Informationen liefert rund um das Thema Burnout. Unter anderem ist dort eine Checkliste mit möglichen Anzeichen, die man selbst erkennen kann, ob man an Burnout erkrankt ist. Unter anderem sind folgende Aussagen aufgelistet:

  • Ich nehme Arbeitsprobleme oft mit in meine Freizeit. 

  • Ich bin weniger produktiv, obwohl ich mich immer mehr einsetze. 

  • Ich ziehe mich vermehrt zurück. 

  • Ich vernachlässige meine Familie, Freunde und Bekannten zugunsten meiner Arbeit. 

  • Ich arbeite ständig und gönne mir kaum Pausen oder freie Zeit. 

  • Ich fühle mich oft nervös, erschöpft und müde. 


  • Ich fühle mich ständig überfordert. 

  • Ich habe Einschlafprobleme oder kann nachts schlecht abschalten. 

  • Ich bin körperlich angeschlagen (z.B. schwaches Immunsystem). 

  • Ich reagiere oft gereizt und ärgere mich rascher und häufiger als früher. 

  • Ich konsumiere vermehrt Substanzen, die mich wach und leistungsfähig erhalten. 

 

 

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