Gepostet 22.04.2021, Martina Tresch
Konflikte erleben wir jeden Tag. Wie diese gelöst werden und zu einer positiven Erfahrung werden, zeigen Profis im Bereich Konfliktmanagement.
Ein Streit mit dem Partner, die Auseinandersetzung mit dem Chef oder der innere Wunsch, seine Leistung im Spitzensport zu verbessern – Konflikte können ganz unterschiedlich sein. Der Umgang mit ihnen ist lernbar, Tools können dabei helfen, im Konfliktmanagement erfolgreich zu sein. Wo aber fängt man an? „Zuerst ist es wichtig, einen Konflikt als solchen zu erkennen“, betont Mentalcoach und Ausbildner Roger Erni. Entscheidend sei zudem die Erkenntnis, dass Konflikte nicht per se negativ seien. „Ein Konflikt kann auch ein Mehrwert sein“, betont der Dozent an der Sport Mental Akademie, der entsprechend oft mit Sportlerinnen und Sportlern arbeitet. „Erwartungskonflikte stehen dabei meist im Zentrum, immer wieder geht es aber auch um zwischenmenschliche Konflikte.“ Nebst seiner Beratungstätigkeit gibt er Seminare, in denen Teilnehmende einen agileren Umgang mit Konfliktsituationen lernen.
Als etwas Positives, mehr noch als eine Chance, sieht Thomas Schärer einen Konflikt: „Es braucht dazu aber die Erkenntnis, das Hilfesuchen nicht als eigentliches Versagen zu betrachten.“ Auch Thomas Schärer ist Mentalcoach und Ausbildner – sein Tätigkeitsbereich liegt vor allem in Paarberatungen, die er zusammen mit seiner Frau anbietet. Dabei gehen sie Beziehungskonflikten ganz genau auf den Grund. „Wir versuchen, herauszufinden, wie der Konflikt zustande gekommen ist, also wo der Triggerpunkt liegt“, erklärt der Dozent an der IPC Akademie AG. Während in Paarseminaren die persönlichen Konflikte betrachtet werden, bringt er Teilnehmenden in Gruppenkursen bei, das Bewusstsein für Konflikte zu schärfen. „Spannend dabei ist, dass jeder Teilnehmende selbst als Coach, als Klient und als Beobachter agiert“, erklärt Thomas Schärer. Drei Monate dauert die Grundbildung mit Zertifikat, nach weiteren rund sechs Monaten kann man ein Diplom erwerben, wodurch der Weg frei wird zur eidgenössischen Prüfung zum betrieblichen Mentor
Konfliktmanagement strebt nach Lösungen. Dazu sind einige Werkzeuge nötig: „In meiner Arbeit agiere ich als Übersetzer, ich paraphrasiere den Inhalt eines Konflikts“, erläutert Roger Erni. Ein wichtiger, ja unersetzlicher Partner in dieser Situation: „Die Zeit. Sie hilft ungemein, die nötige Distanz zu gewinnen.“ Das gilt sowohl bei Konflikten am Arbeitsplatz als auch bei inneren Konflikten. „Manchmal hilft es unheimlich, dem Problem mit Offenheit und Distanz zu begegnen“, findet auch Thomas Schärer. Seminare werden in dieser Phase sehr persönlich, nicht selten fliessen Tränen. „Es ist faszinierend, zu sehen, was die Arbeit in diesem Bereich auslösen kann“, führt Thomas Schärer aus. Sportler, Quereinsteiger, Arbeitnehmer aus der Privatwirtschaft – das Spektrum an Kursteilnehmer im Bereich Konfliktmanagement ist breit gefächert. Im Grunde sind die Fähigkeiten, die man dafür mitbringen muss, aber immer dieselben. „Am wichtigsten ist Empathie. Man muss sich in sein Gegenüber einfühlen können, die Person gleichzeitig so akzeptieren, wie sie ist, und damit auch den Konflikt“, so Roger Erni.
Seit gut einem Jahr ist der Präsenzunterricht den Online-Seminaren gewichen. „Das hat einiges vereinfacht“, so Thomas Schärer. „Natürlich ist physische Präsenz immer noch sehr wichtig. Gleichzeitig bestehen jetzt keine Grenzen mehr.“ Neuerdings hat der Paar-Coach Kundinnen und Kunden von Frankreich bis Finnland. Die Schwelle, ein Seminar zu buchen, sei zudem niedriger, wenn es online stattfindet. Auch Roger Erni ist überzeugt, dass Beratungen und Kurse online funktionieren können. „Für Dozenten ist es aber nicht unbedingt einfacher, denn ein Seminar will so gestaltet sein, dass die Teilnehmenden präsent bleiben.“ Beobachtet hat er bei Online-Seminaren, dass Gespräche schneller sensibler und transparenter werden, da sich das Gegenüber im gewohnten Umfeld befindet. „Dadurch entstehen spannende und schöne Momente“, so der Coach.