Gepostet 25.11.2016, Martina Tresch
Eigentlich ist es kinderleicht. Und doch haben die meisten Erwachsenen so ihre Probleme damit: dem Stellen von Fragen. Wie aber stellt man die richtigen Fragen, um ans Ziel zu kommen?
„Wer, wie, was, wieso, weshalb warum – wer nicht fragt bleibt dumm.“ So simpel ist das Lied aus der Sesamstrasse. Und doch bringt es genau das auf den Punkt, was Kinder jeden Tag x-Mal tun: Sie stellen Fragen über Fragen. Doch im Erwachsenenalter hört die Fragerei auf. Wieso eigentlich? „Durch die Erziehung, die Schule aber auch durch den Ballast, den wir als Erwachsene mit uns herumtragen, verlieren wir die Grundfertigkeiten des Fragens“, hält Hugo Bigi fest. Der Journalist, Kommunikationsberater und Mediendozent versteht es hervorragend, die richtigen Fragen zu stellen. Für ihn ist klar: „Kinder sind die besten Vorbilder für uns Erwachsene. Denn sie sind neugierig, direkt und scheuen keine Fragen.“ Beste Voraussetzungen fürs richtige Fragenstellen. Ganz einfach.
Die Einfachheit ist denn auch der Schlüssel zu einer guten Frage, wie Hugo Bigi betont: „Ob beim Job-Interview, beim journalistischen Interview oder bei einem Verhör – überall gilt: Eine Frage muss einfach und direkt sein.“ Dies sei speziell bei einem TV-Interview entscheidend. „Lange, komplizierte Fragen funktionieren im Fernsehen nicht.“ Der Journalismusdozent unterrichtet an der Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern unter anderem TV-Journalisten im Kurs „Wer klug fragt, gewinnt“. Dort wendet der Profi mehrere Übungen an, um das Stellen der richtigen Frage zu trainieren. Beispielsweise erhalten die Teilnehmenden zu Beginn einer Übung nur ein Stichwort. Anhand dessen stellen sie ihrem Gegenüber Fragen – und zwar jeweils aus den Antworten, die ihnen geliefert wurden. „Auch ist mir wichtig, dass die Kursteilnehmer einmal erfahren, wie es ist, selbst vor dem Mikrofon zu stehen und Fragen zu beantworten.“ Dies sei jeweils ein sehr lehrreicher Moment im Kurs. „Journalisten sollten auch einmal spüren, wie Fragen wirken.“
Kann man aber gewisse Techniken im Stellen von Fragen erlernen? „Ja. So gibts die Möglichkeit, beschreibende Fragen zu stellen“, erklärt Hugo Bigi. Werkzeuge dafür sind die Fragewörter „Wie“, „Was“, „Wann“ und „Wo“. Sobald das Gespräch in die Tiefe gehen soll, wendet der Interviewer das Fragewort „Warum“ an. Wieso man eine solche Sinnfrage aber nicht am Anfang eines Gesprächs stellen sollte, erklärt der Profi so: „Stellt jemand eine Sinnfrage gleich zu Beginn, kann das Interview unter Umständen schon wieder vorbei sein.“ Damit könne man den Interviewten nämlich auf dem falschen Fuss erwischen. Überhaupt sei es wichtig, auf die Gestik seines Gegenübers zu reagieren. Im Weiteren sei es auch förderlich fürs Interview, wenn der Interviewer pro Thema eine Frage stellt. „Mehrfachfragen, also Fragen, die schon mögliche Antworten enthalten, sind langweilig und sollten möglichst vermieden werden“, hält der Medienprofi fest. Besser ist es, offene Fragen zu stellen – also beispielsweise zu fragen: „Was halten Sie vom Wahlresultat?“. Auf der anderen Seite macht es das Gespräch interessanter, wenn zwischendurch auch geschlossene Fragen gestellt werden, also auf die der Interviewte mit Ja oder Nein antwortet. „Ideal wäre ein Wechselspiel von offenen und geschlossenen Fragen.“
„Mehrfachfragen, also Fragen, die schon mögliche Antworten enthalten, sind langweilig und sollten möglichst vermieden werden“,
Wer Fragen stellt, übernimmt auch eine Verantwortung: gegenüber dem Thema sowie auch gegenüber dem Interviewten und dem Publikum. „Wer Fragen stellt, sollte dies nicht wertend oder massregelnd tun“, so Hugo Bigi, der seit 20 Jahren in Sachen Kommunikation am MAZ unterrichtet. Er selbst stellt im Alltag immer wieder fest, dass es in Interviews weniger um den Interviewten und vielmehr um den Fragesteller geht. „Das kann manchmal so gewollt sein.“ Er empfiehlt diese Art des Fragenstellens aber nicht. Viel wichtiger sei es, stets mit Respekt Fragen zu stellen – diese könnten durchaus auch kritisch sein. „Man sollte immer sachlich bleiben, auch wenn das Thema heikel ist.“ Und noch ein Aspekt ist entscheidend, ob ein Interview erfolgreich ist oder nicht: das Zuhören. „Wer gut zuhört, kann bei einer Antwort auch nachhaken.“ Ob er selbst denn auch schon beim Fragenstellen gepatzt hat? „Klar.“ Manchmal merke er erst dann, dass eine Frage nicht sehr gut ist, wenn er sie bereits gestellt habe. Er betont aber: „Es ist nicht einfach, immer die richtigen Fragen zu stellen.“ Doch mit einigen Tricks und den richtigen Werkzeugen, kanns gelingen, mit den richtigen Fragen ans Ziel zu kommen.
Hugo Bigi ist unter anderem Dozent für Journalismus an der Schweizer Journalistenschule (MAZ) in Luzern und Hauptdozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) für die Fächer Medienwissenschaften, Medien, Journalismus, Rhetorik und Auftrittskompetenz. Er hat an der University of Leicester in England studiert und seinen Abschluss mit Doktorat (Dr. phil.) und Master of Arts (M.A.) in Publizistik- und Medienwissenschaft gemacht. Seit 1984 ist er journalistisch tätig, unter anderem als Moderator der preisgekrönten TV-Sendung „TalkTäglich“ auf TeleZüri. Er leitet Kommunikations- und Medienseminare sowie Workshops in Deutsch und Englisch für Kader schweizerischer und internationaler Unternehmen.