Gepostet 02.11.2016, Martina Tresch
Der Film „More than Honey“ machte die Imkerei wieder populär. Corsin Riedi aber entdeckte seine Leidenschaft zur Imkerei dank Konfitüre.
Ein Gartenhäuschen, mitten im Wohnquartier, zwischen einigen Hühnern und einer herbstlich gefärbten Wiese. Bei näherer Betrachtung wird aber schnell klar: Das ist kein normales Gartenhaus. „Achtung Bienen“ steht auf einem kleinen Metallschild. Bei näherer Betrachtung sind auch die gelben, roten und blauen Holzkästen, die Tore zu den Bienenvölkern, zu erkennen. Es sind die Völker von Corsin Riedi, acht sinds an der Zahl. Bis zu 300’000 Bienen schwirren hier im Sommer umher. Jetzt, Ende Oktober ist es ruhiger. Einzelne Honigproduzenten fliegen dem Urner in der Spätherbstsonne um die Ohren. Corsin Riedi ist Imker. Seit vier Jahren frönt er seiner Leidenschaft. Die Imkerei für sich entdeckt hat er aber nicht etwa durch den Film „More than Honey“. Auch hat niemand in seiner Familie je ein Bienenhaus besessen. „Das war purer Zufall“, erzählt der Urner. „Ich war eigentlich auf der Suche nach Konfigläsern, um meine selbstgemachte Konfi darin einzumachen.“ Fündig wurde er bei einem Imkereibedarf. Dort fiel ihm ein Flyer in die Hand: „Imker werden“. Er wurde neugierig. Recherchierte im Internet. Schaute sich Filmchen auf Youtube an. Bis schliesslich der Entscheid feststand: „Ich werde Imker.“
Bienenhalter zu werden ist im Grunde einfach. „Man braucht keine Vorkenntnisse, sollte aber unbedingt einen Grundkurs absolvieren“, erzählt Corsin Riedi. Dieser dauert zwei Jahre und beinhaltet 18 ½ Kurstage. Die Durchführung des Grundkurses übernehmen Imkervereine, in Uri sind es die Urner Bienenfreunde. Hier hat der 32-Jährige das Grundwissen über die Imkerei erworben. Gleichzeitig hat er sich die ersten Bienenvölker zugelegt. „Man kann den freiwilligen Kurs auch machen, wenn man gar keine Bienen besitzt. Es empfiehlt sich aber, einige Völker zu haben, um das Gelernte auch anwenden zu können“, hält Corsin Riedi fest. So wurde er quasi über Nacht nicht nur Lernender, sondern auch noch Lebensmittelproduzent und Tierhalter. „Sehr schnell merkte ich, dass mir die Imkerei wirklich zusagt.“ Mit dem Grundkurs war für den Urner deshalb nicht Schluss. Seit 2015 macht er die Ausbildung zumImker mit eidgenössischem Fachausweis. Diese brandneue Ausbildung dauert drei Jahre und beinhaltet 27 Kurstage. Auch diese Weiterbildung ist freiwillig. Corsin Riedi kann sie aber nur empfehlen: „Man erfährt aktuelle Erkenntnisse der Imkerei. Zudem kann man sich mit Imkern aus ganz anderen Regionen austauschen.“
„Man braucht keine Vorkenntnisse, sollte aber unbedingt einen Grundkurs absolvieren“
Das Innere des kleinen Bienenhauses gleicht einer alten Küche mit Schränken aber ohne Küchengeräte. Hinter den Holztürchen verstecken sich weder Geschirr noch Lebensmittel – hier drin wohnen die Bienen. Behutsam öffnet Corsin Riedi ein Türchen. Er ist ganz ruhig, macht keine hastigen Bewegungen. Heraus nimmt er einen Rahmen, der voll mit Bienenwaben ist. Mitten im Gewimmel ist eine Biene mit einem weissen Punkt auf dem Rücken zu erkennen. „Das ist die Königin, sie haben genug Futter, sie sind gesund“, sagt der Imker zufrieden. Einige Bienen schwirren herum, andere purzeln auf den Boden. Ende Oktober legen die Bienen eine andere Aktivität an den Tag als im Frühling und Sommer, die Zeit der Winterruhe beginnt. Wütend sind die Bienen nicht. Aber sie sind in Alarmbereitschaft. Der Rauch, den der Imker zuvor in den Schrank geblasen hat, treibt ihren Instinkt an, sich mit Honig einzudecken. Sie glauben, dass es brennt. „Es ist schon interessant, die Bienen zu beobachten“, hält er fest. Sein Highlight jedes Imkerjahres ist es, das Wachstum der Bienenvölker im Frühling zu beobachten. „Und es ist immer wieder schön zu sehen, wenn die Honigbienen die ersten Pollen eintragen.“ Trotz seiner Passion – hauptberuflich zu imkern könnte sich der Urner nicht vorstellen. „Für mich ist die Imkerei ein guter Ausgleich zur Arbeit.“ Hauptberufliche Imker gibts nicht sehr viele in der Schweiz – der Kanton Uri zählt einen. Ein Imker- oder Bienenproblem hat die Schweiz aber nicht, glaubt Corsin Riedi. „Das Interesse an der Imkerei ist gross, Jungimkerkurse werden gut besucht.“
Mehrere Bienen schwirren jetzt um den Imker herum. Vielen wirds in solch einer Situation Angst und Bange. So ein Bienenstich tut schliesslich weh. „Klar ist man vorsichtig, wenn man mit Bienen arbeitet“, sagt der 32-Jährige. Imkerhut, Jacke, Handschuhe, und eine Rauchmaschine hat Corsin Riedi daher immer griffbereit. Trotzdem: „Zirka 30 bis 50 Mal werde ich jede Saison gestochen.“ Manche Stiche schmerzen ihn inzwischen nicht mehr so stark. Andere hingegen schon: „Eine Biene hat mich am Ohr gestochen, das war schon ziemlich schmerzhaft.“ Doch kein noch so schmerzhafter Stich könnte ihn von der Imkerei wegbringen. Auch wenn die Arbeit und der finanzielle Aufwand nicht zu überschätzen sind. „Am meisten gibt’s zwischen April und Juni zu tun. Dann bin ich mindestens einmal pro Woche bei meinen Bienen“, erklärt der Imker. Im Sommer nimmt die Aktivität der Bienen ab. Zwischen Oktober und März verursachen die Honigsammler fast gar keine Arbeit mehr, dies ist die Zeit für Honigverkauf, Putzarbeiten und Vorbereitung für die nächste Saison. Behutsam stellt der 32-Jährige die Rahmen mit den Bienenwaben zurück in den Schrank. Die heruntergepurzelten Bienen hebt er auf und legt sie zu den Waben. „So finden sie hoffentlich wieder zurück zu den Anderen.“ Corsin Riedi pflegt im Moment 28 Honigbienenvölker an fünf verschiedenen Standorten. „Mehr solltens nicht mehr werden“, schmunzelt er. Denn nebst der Pflege der Tiere bringt auch die Honiggewinnung Arbeit. Doch die lohnt sich. Der Urner konnte dieses Jahr 250 Kilogramm des flüssigen Goldes ernten. Verleidet da der Honig nicht irgendwann? „Nein, ich mag Honig sehr. Aber ich beisse gern auch mal in ein Konfibrot“, lächelt er.