Gepostet 25.10.2022, Martina Tresch
Hart arbeiten und trotzdem die Freizeit vollumfänglich geniessen. Die Work-Life-Balance zu finden, ist nicht ganz einfach. Einige Tipps.
Von früh bis spät im Büro arbeiten. Zu Hause schnell noch ein Arbeits-E-Mail beantworten. Und jetzt vielleicht noch ins Yoga gehen, oder den Kinobesuch endlich umsetzen. Die Möglichkeiten sind zwar vielfältig, doch oft fehlt die Zeit. Frust kommt auf. Und schon gerät sie ins Ungleichgewicht, die Work-Life-Balance. Immer häufiger setzen wir uns mit dem Balanceakt zwischen Arbeit und Freizeit auseinander. «Die Arbeitswelt fordert immer mehr Flexibilität, Einsatz und Anpassungsfähigkeit. Hinzu kommt, dass wir immer höhere Ansprüche an unsere Freizeit haben», sagt Roger Erni, Geschäftsführer der IPC Akademie.
Dass das Thema Work-Life-Balance immer mehr Beachtung erhalten hat, liegt nach Ansicht von Sonja Kupferschmid, Geschäftsführerin der CZO Coachingzentrum Olten GmbH auch daran, dass die Gesellschaft heute die Auswirkungen einer ungesunden Work-Life-Balance, zum Beispiel ein Burn-out, besser versteht. «Andererseits hat das Thema aber auch tatsächlich an Bedeutung gewonnen, da es innerhalb der Arbeitswelt 4.0 gewisse Transformationen gibt, die eine gesunde Work-Life-Balance zunehmend zur Herausforderung machen», findet auch sie. Hinzu kommt, dass die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem sich zunehmend verschieben, oder zum Teil gar ganz auflösen. Ähnlich sieht das Roger Erni:
«Unsere Rollen vermischen sich den ganzen Tag. Durch die ständige Erreichbarkeit findet die Abgrenzung viel zu wenig statt. Abgrenzung, die es braucht, um die Psychoregulation passieren zu lassen.»
Betroffen sind wir alle von diesem Jonglieren zwischen Job und Freizeit, sind beide Experten überzeugt. «Natürlich machen es einige Arbeitsverhältnisse und -bedingungen schwieriger, ein gutes Gleichgewicht zu halten», hält Sonja Kupferschmid fest. Was bei einem Ungleichgewicht ins Hintertreffen gerate, könne daher so nicht abschliessend beantwortet werden. Klar ist aber: «Das Ungleichgewicht entsteht erst, wenn sich die Person in ihrer Situation nicht wohlfühlt und etwas verändern möchte.» Und Roger Erni ist der Meinung, dass sich jede Person mit der Work-Life-Balance auseinandersetzen sollte. «Ein bewusster Umgang unserer Alltagsgestaltung ist ein grosser Mehrwert wenn es um unsere mentale Gesundheit geht.» Selbst jener Managementposten, der eine tolle Work-Life-Balance empfinde, müsse daran arbeiten, das Gleichgewicht zu erhalten.
Alles andere als ein Ausdruck einer gesunden Work-Life-Balance ist in den Augen von Sonja Kupferschmid das sogenannte Quiet Quitting. Bei diesem Trend leisten Arbeitnehmende nur so viel, wie im Vertrag festgehalten ist, also keine Überstunden und keine Zusatzaufgaben. «Quiet Quitting ist ein Zeichen dafür, dass sich jemand in der persönlichen Arbeits- oder Lebenssituation nicht wohlfühlt, sich dem aber noch nicht vollkommen stellen kann oder möchte», sagt Sonja Kupferschmid. Das Problem bei der inneren Kündigung liegt für sie darin, dass sie eine Resignation bedeutet.
«Dieser Zustand beeinträchtigt die Arbeits- und Lebenszufriedenheit und senkt auf lange Sicht die Gesundheit und das Wohlbefinden.»
Roger Erni sieht im Quiet Quitting ein «Rebellverhalten» dem Vorgesetzten bzw. der Vorgesetzten gegenüber. «Unzufriedenheit ist vorprogrammiert», ist sich der Dozent sicher. Denn: Wenn man davon ausgehe, dass jeder Mensch nach Fortschritt, Erfolg und Anerkennung strebt, gehe dieser Trend nicht auf. «Wenn ich nur das Notwendigste mache, um mehr Balance in mir zu finden, dann fehlt mir der Ausgleich einfach auf der anderen Seite.» Er vermutet, dass dieses Verhalten dort ein Thema ist, wo Mitarbeitende nicht wertgeschätzt oder gesehen werden. «Somit gilt es, im Unternehmen anzusetzen, damit Mitarbeitende erst gar nicht an den Punkt kommen, nur das Notwendigste zu machen.»
Wie gelingt es uns aber, die Balance zu finden? Natürlich gibt es Schulen, die in diesem Prozess unterstützen, eine ist die IPC Akademie: «Unsere Ausbildungen, Weiterbildungen oder Lehrgänge sind darauf ausgerichtet, Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken», führt Roger Erni aus. Die CZO Coachingzentrum Olten GmbH wiederum bildet Beratungspersonen aus. «Bei uns ist Persönlichkeitsentwicklung einerseits integrierter Bestandteil unserer Beratungsausbildungen und andererseits bieten wir vertiefende Seminare dazu an», erklärt Sonja Kupferschmid. Will Mann oder Frau etwas für die Work-Life-Balance tun, gilt: bei sich selbst anfangen. «Jeder und jede kann sich Gedanken machen, was wichtig ist, was es im Leben braucht für eine innere Balance», sagt Roger Erni. Auch Sonja Kupferschmid betont, dass der Wille zu einer Auseinandersetzung mit sich selbst zentral ist. In gewissen Situationen könne es zudem hilfreich sein, Unterstützung von aussen zuzulassen. Ihr Tipp: «Sich bewusst Zeit nehmen und darauf achten, welche Bereiche wichtig sind und wo vielleicht etwas fehlt.» Dabei helfen Achtsamkeitsübungen oder auch kognitive Tools wie das Ausfüllen des Lebensrades. Ein Grundrezept, das für alle zutrifft, gibt es nicht, ist sich Roger Erni sicher. Wer aber bei sich selbst danach sucht, kann ihn auch finden, den Ausgleich zwischen Anforderungen im Arbeitsleben und Ansprüchen an die Freizeit. «Genau diesen Ausgleich braucht es, um an beiden Orten leistungsfähig und glücklich zu sein.»