Gepostet 08.03.2023, Ruedi Bomatter
Cyrill Inderbitzin ist Mitgründer und Mitinhaber der Firma Moodtalk. Das Start-up unterstützt mit seiner Software Führungskräfte und Teams in ihrer Zusammenarbeit durch offene und ehrliche Teamgespräche. Wir haben uns mit Cyrill Inderbitzin über seine Erfahrungen bei der Gründung des Start-ups unterhalten.
Cyrill Inderbitzin, was war die Motivation, ein Start-up zu gründen?
«Wir sind alle sehr selbstangetrieben und wussten, dass wir mehr bewegen möchten, als dies bei unseren bisherigen Arbeitgebern möglich war. Zudem hatten wir alle die Vision, dass sich das Arbeitsumfeld komplett verändern muss, da es bis heute zu viele Dinge gibt, die nicht im Sinne des Arbeitnehmers sind. Abgesehen davon haben wir in der Schweiz schlicht gute Voraussetzungen für eine Gründung.»
Wie seid ihr auf eure Start-up-Idee gekommen?
«Wir sind aus persönlicher Erfahrung zum Thema gekommen, an dem wir jetzt arbeiten. Ich hatte zuvor in einem sehr intensiven Arbeitsumfeld gearbeitet, und wir haben trotz der langen Tage im Team hauptsächlich über das Was und den Inhalt der Arbeit und sehr wenig über das Wie und die Frage ‹Wie arbeiten wir eigentlich als Team zusammen?› gesprochen. Meine Mitgründer hatten ähnliche Erfahrungen gemacht. Darauf haben wir mit über 100 Interviews in der ganzen Schweiz gestartet, um besser zu verstehen, ob auch andere das Problem wahrnehmen, und ob es da ein Potenzial gibt. Das konnten wir klar mit Ja beantworten. Ich kann das übrigens allen zukünftigen Gründerinnen und Gründern empfehlen, Leute in der Praxis einfach mal über LinkedIn anzuschreiben und nach ihren Erfahrungen zu fragen. Wir sind da auf viel Offenheit gestossen.»
Wie gut konntet ihr das Wissen aus dem Studium direkt auf die Praxis anwenden? Was waren die Schwierigkeiten?
«Wir haben alle nach dem Studium erst für rund zwei Jahre gearbeitet und Arbeitserfahrung gesammelt. Das würde ich allen empfehlen. Ich profitiere bis heute enorm davon. Das Wissen aus dem Studium fliesst bei mir eher im Unterbewusstsein ein. Eine viel grössere Hilfe ist das Netzwerk, welches man sich während des Studiums aufbaut.»
Was war euer bisher grösster Erfolg?
«Wir konnten Ende letztes Jahr das 100. Team auf Moodtalk onboarden. Das zeigt, dass unser Produkt den Nerv im Markt trifft. Gleichzeitig wissen wir, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben, um die spezifischen Bedürfnisse der Unternehmen abzuholen und noch mehr Dringlichkeit zu schaffen. Was uns aber wirklich motiviert ist, dass wir als Team gut funktionieren, und dass wir auch mal zwei Wochen von Portugal aus arbeiten oder im schönen Kanton Uri einen Teamevent mit Wandern verbinden können.»
Was war bisher die grösste Herausforderung und wie habt ihr diese gemeistert?
«Die grösste Herausforderung war, unseren dritten Mitgründer Jonas zu finden. Wir waren zum Start zwei Leute mit Wirtschaftshintergrund, die ein Software-Start-up gründen wollten. Über unser Netzwerk haben wir dann Jonas kennengelernt und angeboten, ihn als gleichbeteiligten Gründer mit dabei zu haben. Es hat uns sicherlich geholfen, dass wir früh und breit von unserem Vorhaben berichtet haben, auch wenn bis da noch nicht 100 Prozent klar war, was genau wir machen. Schlussendlich ist das Team entscheidend.»
Wie gestaltete sich die Unterstützung der Hochschulen? Von wem habt ihr sonst noch Unterstützung erhalten?
«Wir sind früh auf Experten zugegangen und haben sie nach ihren Erfahrungen gefragt. Daraus ist beispielsweise eine enge Zusammenarbeit mit Prof. Roland v. Känel der Universität Zürich oder auch mit Hans Werner, dem früheren HR-Leiter der Swisscom, entstanden. Wir haben sehr viel Wertschätzung und Engagement erfahren. Zum einen konnten sie uns eine wissenschaftliche Perspektive einbringen, zum anderen wissen sie, was in der Vergangenheit bereits probiert wurde und können uns dementsprechend laufend challengen. Wir würden allen zukünftigen Gründerinnen und Gründer empfehlen, erfahrene Leute einfach mal anzuschreiben, es gibt nichts zu verlieren.»
Was waren die grössten Stolpersteine bzw. von welcher Seite hättet ihr mehr Unterstützung erwartet?
«Wir haben uns nicht zu stark auf die Teilnahme an den unzähligen Start-up-Wettbewerben fokussiert. Ich persönlich glaube, man kann da zu viel Zeit investieren und nutzt diese besser, um Kunden zu finden und mit diesen sehr Feedback-basiert das Produkt zu entwickeln. Wir haben in diesem Bezug auch gelernt, ‹nein› zu sagen.»
Wie blickt ihr in die Zukunft?
«Wir sind optimistisch, und aktuell macht es uns allen enorm viel Spass, da wir alle mit dem arbeiten, was jeder von uns gut kann. Gleichzeitig glauben wir, dass wir an einem zukunftsträchtigen Thema arbeiten und die soziale Nachhaltigkeit in Unternehmen noch viel stärker in den Fokus rücken wird.»
Was ratet ihr anderen Personen, die ein Start-up gründen möchten? Habt ihr einen besonderen Tipp?
«Entscheidend ist das Team. Man sollte mit gutem Gewissen sagen können, dass man als Team auch gleich ein nächstes Startup gründen würde. Es hilft zudem, wenn sich die Fähigkeiten im Team ergänzen und nicht überschneiden. Jonas ist Softwareentwickler, Loris und ich haben beide einen Wirtschaftshintergrund. Wir sind in unseren Fähigkeiten und Denkweisen aber sehr verschieden. Zudem: Nutze das, was du bereits gut kannst, und gehe die Leute an, die du bereits kennst. Das hilft vor allem am Anfang. Stelle dir die Frage, wie relevant wird das Thema, an welchem du arbeitest, in zehn oder mehr Jahren sein?»
Moodtalk wurde im Jahr 2021 im Kanton Uri gegründet und ging mit ihrer Software im Januar 2022 auf den Markt. Die drei Mitgründer des Start-ups haben sich zum Ziel gesetzt, Teamgespräche einfacher zu gestalten. Mit ihrer Software unterstützen sie Führungskräfte und Teams dabei, offene und ehrliche Teamgespräche zu führen, um eine nachhaltige Zusammenarbeit im Team zu ermöglichen.