Gepostet 26.08.2016, Gabriel Aeschbacher
Dr. Richard Egger (61) hat Germanistik, Philosophie und Geschichte studiert. Er ist nicht nur Mittelschullehrer, sondern auch Unternehmensberater, wo er sich als Leadership-Experte einen Namen gemacht hat. Eine Annäherung.
Philosophie und Leadership: Zwei Themen, unterschiedliche Meinungen und der Versuch einer genaueren Betrachtung mit jemandem, der sich in beiden Bereichen auskennt: Richard Egger ist Trainer, Berater und Unternehmer – und Gründungsmitglied der Philopraxis, welche 2002 ins Leben gerufen worden ist. Führungskraft und Philosophie – ein Widerspruch? „Nein“, sagt Richard Egger, „denn der philosophisch orientierte Leader sieht überall die Gelegenheit und die Notwendigkeit, über das nachzudenken, was er in seinem Beruf, seiner Führungsaufgabe und in seinem Leben tut. Macht das Sinn, was ich entscheide? Kann ich das vor mir, den Mitarbeitenden und den Kunden verantworten?“ Richtige Leader würden sich nicht nur am Status, dem Lohn oder dem Machterhalt ausrichten, sondern daran, warum sie überhaupt führen. Echte Leadership setze darum zwingend voraus, sich mit der eigenen Führungsmotivation auseinanderzusetzen. Aber auch mit den Werten, auf denen diese gründet. „Echte Leaderinnen und Leader sind sich nämlich ihres Führungskonzepts bewusst“, sagt der 61-Jährige, der seit 1981 auch als Mittelschullehrer an der Zuger Kantonsschule wirkt.
Philosophieren könne man im Alltag über alles, was relevant sei, sagt Richard Egger. Insbesondere über Fragen, die von der Wissenschaft noch nicht geklärt, für uns aber dennoch von Bedeutung seien. Natürlich: „Man kann sich um Philosophie und der Auseinandersetzung mit deren Fragen auch foutieren, sich mit Banalitäten vollstopfen und sich ausschliesslich Aspekten der Unterhaltungsindustrie, dem Klatsch, dem Konsum oder irgendeinem Casting widmen“, führt Richard Egger aus. Wenn man wolle, könne man jedoch auch über wichtige Fragen nachdenken. Dies tue die Philosophie. Richard Egger nennt konkrete Beispiele und erwähnt Byung Chul Han („Wie uns der neoliberale Kapitalismus seine Bedürfnisse unterjubelt“). Oder er spricht von Michael Sandel („Was in unserer Gesellschaft käuflich sein soll und was nicht“). Oder von David Edmonds und der Frage, ob Verstand oder Intuition unsere ethisch-moralischen Überzeugungen bestimmen sollen.
„Philosophie ist eine Auseinandersetzung auf argumentativer Ebene.“
Richard Egger und dessen Führungslehrgänge haben als feste Themen „praktische Philosophie“ sowie „Ethik“ im Programm. Im Ersten geht es – vereinfacht gesagt – darum, sich Rechenschaft darüber zu geben, was man als Führungskraft tut. Bezüglich Ethik wird angesprochen, welche Verantwortung man als Führungskraft trägt – wofür und gegenüber wem. Philosophie würde in alle Themenblöcke einfliessen, sagt Richard Egger, denn Philosophie sei Reflexion über das eigene Tun, über das eigene Leben. Deshalb habe sie überall Platz und komme entsprechend in allen Führungsausbildungen von ihm und Paul Truttmann – einem seiner Partner – zum Tragen. Ein konkretes Beispiel gefällig? Man nehme den Begriff „Zeitmanagement“ und frage sich ein bisschen genauer, was dahinter stecke: Effizienter werden? Mehr machen? Die Zeit sinnvoller nutzen? Die Arbeit richtig machen? Überhaupt das Richtige in Angriff nehmen?
„Philosophieren kann man über alles, was im Leben relevant ist.“