Gepostet 25.02.2016, Gabriel Aeschbacher
Die öffentliche Schule – grosszügig subventioniert mit Steuergeldern – fordert die Privatschulen heraus, denn Tagesbetreuung, Mittagstisch sowie Hausaufgabenbetreuung gibt es heute nicht mehr nur an Privatschulen. Diese investieren, kreieren neue Produkte und bleiben so eine attraktive Alternative in der Schweizer Bildungslandschaft.
Privatschulen geben Vollgas: Die Stiftsschule Engelberg investierte neulich sechs Millionen in das Gebäude, „um von der Pfadiheimatmosphäre wegzukommen“, wie sich Pater Andri Tuor, Internatsleiter der Schule, im Tages Anzeiger zitieren liess. Und gebaut wird auch im noblen Lyceum Alpinum, wo das Neubauprojekt „Urezza“ satte 18.5 Millionen verschlingt und per Sommer 2017 verfügbar sein sollte.
Der Grund für die Investitionen ist überall der Gleiche: Es gilt, die Schülerzahlen zu erhöhen; vorab auch im Internat, wo die noch existierenden Schweizer Privatschulen in der Vergangenheit gewaltige Abstriche in Kauf nehmen mussten. Sich für ein Leben im Internat zu entscheiden, entspricht nur noch dann dem Zeitgeist, wenn das Gesamtpaket von Wohnkomfort und hochstehender Bildung stimmt. Klein, aber fein ist das Internat an der Stiftsschule Einsiedeln. Umfassend renoviert und mit neuem Konzept aufwartend, ist es 2007 neu lanciert worden und beherbergt im Moment 25 Mädchen und Jungen. In Engelberg wie auch in Einsiedeln werden allerdings nur Gymnasiasten untergebracht; Sekundarschüler müssen ausweichen – zum Beispiel nach Zug, wo am Kollegium St. Michael seit über 140 Jahren Privatschulkultur gelebt wird. Aber auch hier bekomme man die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu spüren, sagt Rektor Björn Engeli – und schiebt nach, dass die öffentlichen Schulen heute mit einem dermassen breiten Angebot aufwarten könnten, dass es für Privatschulen schwierig sei, sich zusätzlich abzuheben. Aber auch in Zug hat man aus der Not eine Tugend gemacht und sich der Vorwärtsstrategie verschrieben: Man will die Attraktivität des Internats erhöhen, aber auch die Schülerzahlen, um mittelfristig überleben zu können.
„Privatschulen müssen einen Mehrwert bieten.“
Also beschreitet man ab dem Schuljahr 2016/17 neue Wege. „Die Schule, die Chancen schafft“, ist der neue Slogan des Kollegiums, das mit Elio Gallo (42) einen ausgebildeten Berufswahl- und Lerncoach engagiert. Er wird jede Schülerin und jeden Schüler ab der zweiten Oberstufe individuell coachen, damit der Übergang zwischen obligatorischer Schulzeit und dem Eintritt in die Lehre oder an eine weiterführende Schule gelingt. Elio Gallo freut sich auf die neue Herausforderung, ist sich aber auch bewusst, dass ihm sehr viel Verantwortung übertragen wird. Als breit abgestützter Netzwerker werde er einiges bewegen können, gibt er sich optimistisch, verhehlt aber auch nicht, dass er auf die Unterstützung der Eltern angewiesen ist. „Eltern wollen die beste Lösung für ihr Kind. Wir werden ihnen dabei helfen, brauchen aber auch das Interesse und die aktive Mitarbeit der Eltern im Berufswahlprozess.“
„Eltern wollen immer nur das Beste für ihr Kind.“
Doch damit nicht genug. Elio Gallo soll auch dafür sorgen, dass die Kollegi-Kids noch besser lernen, Aufgaben richtig anzupacken und Herausforderungen zu meistern. Sich an den individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler orientierend, soll der Lerncoach nicht nur die fachlichen, sondern auch die überfachlichen Kompetenzen fördern. Rektor Björn Engeli ist guten Mutes, dass das Kollegium mit seinen beiden neuen Angeboten wird punkten können. „Als Privatschule müssen wir immer wieder nach Wegen suchen, welche einen Mehrwert generieren. Mit dem Berufswahlcoaching sowie dem integralen Lerncoaching gehen wir einen wesentlichen Schritt weiter als andere Schulen.“
Rund fünf Prozent aller Zuger Schülerinnen und Schüler besuchen eine Privatschule. Gesamtschweizerisch steht die Zahl von rund 100’000 Studierenden und Schülern im Raum, welche sich von privaten Instituten ausbilden lassen. Nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum Angebot der öffentlichen Schulen sehen sich viele dieser Organisationen, die – und hier liegt ein Knackpunkt – natürlich nicht gratis sind. Da die Palette an Dienstleistungen sehr breit gestreut ist, fällt es schwer, die Preise der Privatschulen miteinander zu vergleichen. Die in diesem Artikel genannten Schulen kosten für Interne jährlich zwischen 31’000 und 72’100 Franken, Nebenkosten in der Regel nicht inbegriffen.