Gepostet 10.07.2018, Gabriel Aeschbacher
Flipped Classrooms sind ein mögliches Modell der Zukunft und finden vor allem in der Weiterbildung immer höheren Zuspruch.
Vorwiegend zu Hause und im vertrauten Umfeld arbeiten und dann bei gelegentlichen Präsenzveranstaltungen die offenen Fragen abarbeiten können: Innovative Bildungsanbieter wie zum Beispiel die Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) oder die ETH Zürich lagern die reine Informationsvermittlung in Selbststudiums-Phasen aus. Roger Odermatt*, werdender Familienvater, ist froh, kann er für seine nächste Weiterbildung eine Institution auswählen, welche Weiterbildung auch ausserhalb des Klassenzimmers anbietet. "Die beschwerlichen Reisen nach einem langen Arbeitstag möchte ich möglichst eliminieren", sagt der Banker, der überdies so gut mit modernen Kommunikationsmitteln vertraut ist, dass er durchaus offen für innovative Weiterbildungsprojekte ist. Und natürlich schätzt er, dass er mehr Zeit für seine junge Familie haben wird, wenn denn der Nachwuchs erst mal da ist.
Die Stossrichtung, wonach Dozenten oder Lehrpersonen zunehmend eine Coaching-Funktion einnehmen, greift mit dem Lehrplan 21 auch auf die Volksschule über. Dort werden zunehmend Lernateliers respektive Lernstudios geschaffen, wo sich die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen selber aneignen. Die Inputs dazu bekommen sie nach wie vor von ihren Lehrpersonen, welche diesen Prozess sorgfältig begleiten und dafür sorgen, dass jeder Schüler möglichst individuell begleitet wird. Das wolle vor allem auch die Wirtschaft so, hört man an vielen Stammtischen. Und überhaupt solle das selbstständige Arbeiten schon früh erlernt werden - wenn nicht auf der Primarschulstufe, dann eben spätestens auf der Oberstufe und ab der siebten Klasse. Der zertifizierte Berufswahl- und Lerncoach Elio Gallo (44) unterstützt diesen Ansatz grundsätzlich, hebt aber auch den Mahnfinger, «denn Lernen ist ein sehr individueller Prozess und der Coach ist gefordert, damit er den Überblick nicht verliert.» Und genau dort setzt die Kritik an, denn man befürchtet, dass die Schülerinnen und Schüler zu sehr auf sich alleine gestellt wären. Etwas relaxter kann das Ganze aus der Optik der Erwachsenenbildung gesehen werden. Junge Erwachsene, welche eine Weiterbildung in Angriff nehmen, sind in der Regel motiviert, das investierte Geld möglichst gut und effizient "anzulegen".
Dass virtuelle Klassenzimmer künftig das Mass aller Dinge sind, glaubt Oberstufenlehrer Markus Durrer* nicht. «Methodische Kompetenzen, zum Beispiel die gute Kommunikation oder eine ausgereifte Präsentation, kommen in der realen Welt immer noch deutlich besser an als im virtuellen Klassenzimmer.» Wahrscheinlich sei, dass die Kombination von verschiedenen Modellen das Geheimnis des künftigen Lernerfolgs sein werde.
*Namen der Redaktion bekannt
Die meisten Studiengänge sind auf Erwachsene ausgerichtet, die ein weitgehend selbstbestimmtes Studium suchen. Ein strukturierter Lehrplan hilft, die gesteckten Ziele zu erreichen. "Blended Learning" kombiniert verschiedene Lernformen und ist ein Ansatz, der Berufstätige, Familienväter, Familienmütter oder Spitzensportler gleichermassen anspricht.
Der Anteil am Selbststudium beträgt in der Regel bis zu 80 Prozent. Der Rest ist Präsenzunterricht, der üblicherweise ein- bis zweimal im Monat stattfindet. Weil viele Studierende Studium und Beruf kombinieren, gelingt ihnen der Transfer zwischen Theorie und Praxis meistens sehr gut.