Gepostet 15.01.2016, Gabriel Aeschbacher
Der spielerische Umgang mit digitalen Medien macht die Jugendlichen zu den Experten von morgen. Ein Blick in die Schulzimmer – und hinter die Kulissen, wo die digitale Kompetenz zu einem Kernbegriff im Schulalltag geworden ist.
José* (44) ist Lehrer, durchaus mit Medien aller Art vertraut – und trotzdem immer einen Schritt hinter seinen Kids, die mit Snapchat oder Instagram so vertraut wie keine Generation vor ihnen sind. José hat kein Problem damit, denn oft lässt er sich auch etwas zeigen, was die Jugendlichen noch so gerne tun. „Für mich ist es ein gewinnbringender Rollentausch, weil ich dann auf dem Laufenden bin, was bei 13- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern gerade abgeht.“ Manchmal, schmunzelt er, müsste es einen Bachelor oder Master in Social Media geben, so rasant wie sich die virtuelle Welt verändert und entwickelt.
Primär als unterhaltendes Element sehen viele Schüler ihre mobilen Geräte. Stellvertretend sagt Michael (14)* dazu. „Für mich zählt vor allem der Spass. Sich auf Snapchat, Instagram oder WhatsApp auszutauschen, gehört heute einfach dazu. Dabei geht es oft um lustige Videos, aktuelle Schnappschüsse oder halt einfach darum, zu plaudern.“ Das Smartphone ist sozusagen zum virtuellen Spielplatz geworden. Einer, auf dem man manchmal aber auch schulische Dinge austauscht, im Klassenchat zum Beispiel. Dort zirkulieren Aufgaben, Prüfungen oder Zusammenfassungen. Differenzierter fällt die Bilanz bei älteren Schülern aus, wo sich Alessandro (19) zitieren lässt: „In einer Zeit, in welcher die konventionellen drei Quellen (Radio, TV und Zeitung) ausgedient haben, ist mein Smartphone meine Hauptinformationsquelle. Ich kann dank Nachrichten-Apps die News verfolgen, dank Online-Player Radio hören und fernsehen. Des Weiteren brauche ich es sehr häufig als Kommunikationsgerät. Mit WhatsApp ist man oft erreichbar und ready. Deshalb habe ich mein Handy während des ganzen Tages in Betrieb und benutze es auch mindestens zwei Stunden täglich. Einzig während der Nacht habe ich es im Flugmodus, so dass ich keinen Empfang habe und ungestört bleibe. Meine digitale Kompetenz bewerte ich insgesamt als hoch.“
Wie sehr der Einsatz von mobilen Geräten den Schulalltag bereichern würde, ist eine der Kernfragen unter Pädagogen. Klar scheint, dass die jüngere Generation künftig iPads zum Beispiel quasi zur serienmässigen Ausstattung im Schulzimmer zählt. Stellvertretend für viele Junglehrer sagt Christian*, „dass es einfach viel schneller geht und ich nicht ständig kontrollieren muss, ob jeder nun Ordner, Buch oder das (unvollständig) geführte Heft dabei hat.“ Bei den arrivierten Lehrpersonen stehen iPads nicht ganz so hoch im Kurs, wie Robert* verrät. Nicht, dass er – knapp über 60 Jahre alt – den Puls der Jugend nicht fühlen möchte. Er gibt einfach zu bedenken, dass die Jugendlichen ohnehin einer totalen Reizüberflutung ausgesetzt seien. Und würde man diesen Trend nun auch noch ins Schulzimmer tragen, sei er doch mehr als nur skeptisch. In Anbetracht der bevorstehenden Pension werde er seine Mentalität nicht mehr ändern, sagt Robert und gesteht, dass er mit dem Begriff digitale Kompetenz nicht gerade eng befreundet sei. Einig sind sich alle in einem Punkt: Geht es um den Umgang mit Elektronik, windet man den Kids von heute durchaus ein Kränzchen: „Auch Präsentationstechnik war für mich ein totales Fremdwort“, sagt Robert – und staunt, wie gewandt seine Schülerinnen und Schüler mit PC, Handy, Laptop oder PowerPoint umgehen.
Digitale Kompetenz ist das eine Stichwort, die Aktualität das andere. Mit dem PC und dem Beamer – derzeit standardmässig in fast allen Schulzimmern zu finden – kann der Unterricht aufgelockert oder angereichert werden. Sei es ein Begriff aus dem Online-Duden, eine Recherche auf Wikipedia oder eine Filmeinspielung auf Youtube. Keine Lehrperson kommt heute mehr daran vorbei. Sinnvolles mit Praktischem kombinieren, lautet denn auch eine der Devisen von José, der – digitalen Medien sei Dank – seinen Unterricht deshalb noch variantenreicher gestalten kann. Überbewerten möchte er Handy und iPad deswegen aber nicht, denn an erster Stelle in seinem Beruf stehe immer noch die charismatische Lehrperson, deren Persönlichkeit die entscheidende Komponente sei, wenn es ums Lehren und Lernen gehe.
*Namen der Redaktion bekannt