Gepostet 06.05.2016, Myriam Arnold
Von den einen umjubelt, von den anderen belächelt. Mentaltraining löst Kontroversen aus. Was ist dran an der Kraft der Gedanken und des positiven Denkens?
Das erste Mal als Beatrice R.* (27) von Mentaltraining hörte, war im Zusammenhang mit Spitzensport. „Mein Onkel ist Mentaltrainer und unterstützt einen jungen Bobfahrer, der vor einer vielversprechenden Karriere steht.“ Zu diesem Zeitpunkt war die damals 20-Jährige noch äusserst skeptisch: „Mit den eigenen Gedanken und der Vorstellungskraft Ziele erreichen? Das klang für mich surreal. Ich dachte, Mentaltraining ist doch nur Hokuspokus.“ Ein paar Jahre später, im sechsten Semester ihres BWL-Studiums musste Beatrice ihre Vorurteile jedoch revidieren.
Die Bachelorarbeit stand an, das Thema und die Betreuungsperson mussten gewählt werden. Doch Beatrice fühlte sich dieser Aufgabe urplötzlich nicht mehr gewachsen. „Ich kam mir vor wie ein Kaninchen, das vor einer Schlange steht. Ich war wie erstarrt und konnte diesen Zustand aus eigener Kraft nicht überwinden.“ Daraufhin habe sie die Studienberatung ihrer Universität aufgesucht und ihr wurden diverse Massnahmen empfohlen. Unter anderem Mentaltraining. Weshalb? „Mentales Training ist eine effektive Methode und hilft, Ziele zu verankern, Blockaden zu lösen, Lernfähigkeiten zu erhöhen, kreative Lösungen zu generieren oder sich einfach zu entspannen“, erklärt Evi Giannakopoulos, Mentaltrainerin, Stress-Expertin und Inhaberin von stress away.
„Wenn Du es dir erträumen kannst, dann kannst Du es auch tun!“ (Walt Disney)
„Mentaltraining lässt sich in jeder Lebenslage, sowohl beruflich wie privat, anwenden“, führt Giannakopoulos weiter aus. Jeder Mensch könne mentale Stärke entwickeln und diese zur Zielerreichung sowie zum Abbau von Ängsten und Stress einsetzen. „Das Gehirn hat die Fähigkeit, Neues durch Repetition zur Gewohnheit zu machen. Genau so funktioniert Mentaltraining. Man visualisiert etwas und macht es im feinstofflichen Geistigen zur Realität. Im grobstofflichen Gehirn überträgt sich die Aktivität neuronal durch Nervenimpulse und Verankerung des Wissens“, sagt die Mentaltrainerin. Auch Beatrice wurde neugierig: „Ich vereinbarte einen Termin bei einem erfahrenen Mentaltrainer. Ich lernte rasch, worauf es beim Mentaltraining ankommt.“ Beispielsweise aufs positive Denken.
„Ob du denkst, du schaffst es, oder ob du denkst, du schaffst es nicht. In beiden Fällen hast du Recht.“ (Henry Ford)
Falsche Überzeugungen und negative Gedanken würden den Mensch nämlich einschränken. „Anstatt, dass man etwas nicht kann, sollte man die Energie in das lenken, was man will: Es zu können. Dieser Absicht schenkt man dann seine volle Aufmerksamkeit“, so Giannakopoulos. Dass die Energie der Aufmerksamkeit folge, sei ein Naturgesetz. „Stellt man sich vor, man will auf einem Seil eine tiefe Schlucht überqueren. Um das zu schaffen, fokussiert man sein Ziel und die Aufmerksamkeit ist achtsam aufs Ziel gerichtet. Ich schaffe es! Wendet man hingegen seine Aufmerksamkeit der Schlucht zu, zieht es uns automatisch nach unten und man verliert das Gleichgewicht. Genauso verhält es sich mit den Gedanken.“ Durch Mentaltraining nutze der Mensch seine täglich 60‘000 Gedanken auf förderliche, positive und lösungsorientierte Weise.
Die Erkenntnisse aus dem Mentaltraining wenden nicht nur Spitzensportler, Unternehmensführer oder Studierende an. Auch vermehrt Spezialkliniken setzten aufs mentale Training, um Patienten in der Unfallrehabilitation zu unterstützen, damit sie den eingeschränkten Bewegungsradius wieder ausweiten können. „Mit einem Spiegel wird dem Gehirn suggeriert, dass der Arm den ganzen Bewegungsradius ausführen kann. Obwohl diese Bewegung mit dem gesunden Arm durchgeführt wird und der Spiegel den anderen Arm vortäuscht, wird die Feinmotorik trainiert und wiederhergestellt. Das Gehirn leitet diese Informationen via Rezeptoren in die Muskeln“, führt Giannakopoulos aus.
„Das Leben ist das Produkt unserer Gedanken.“ (Marc Aurel, römischer Kaiser und Philosoph)
Seit ihrem Coaching ist Beatrice fasziniert vom vielschichtigen Anwendungsbereiche vom mentalen Training. Sie ist inzwischen als Unternehmensberaterin tätig und liebäugelt mit einer Ausbildung zur Mentaltrainerin. „Damit könnte ich meine Angebotspalette in der Unternehmensberatung erweitern“, sagt Beatrice. Auch Evi Giannakopoulos betreut Firmenkunden, die aus verschiedenen Branchen kommen, aber dasselbe Ziel haben, nämlich Höchstleistungen zu erzielen. „Dieses Ziel erreichen sie durch ihre Mitarbeitenden. Mit Mentaltraining kann das vorhandene Potenzial der Mitarbeitenden genutzt werden. Darüber hinaus leisten gesündere Mitarbeitenden, die sich mit mehr Motivation und Teamgeist ins Unternehmen einbringen, mehr.“
*Name der Redaktion bekannt
Von Evi Giannakopoulos