Gepostet 07.11.2016, Elisa Hipp
Zufriedene Mitarbeiter, anspruchsvolle Kunden, hoher Wettbewerbsdruck: Die Anforderungen an eine Unternehmensführung sind gestiegen. „Früher...“, heisst es oft. Ja – wie war es denn früher so? Und was hat sich genau verändert bei der Unternehmensführung? „Bildung Schweiz“ hat sich bei zwei ganz verschiedenen Unternehmen umgehört: dem Kantonsspital Uri und dem Familienunternehmen und KMU Schnyder Parkett in Stans.
Früher kam der Patient, war er krank, in das Spital seines Kantons. Heute sucht er im Internet, in welchem Schweizer Spital es ein Krankenzimmer mit Holzboden und den besten Kaffee gibt. Früher kam der Kunde zum Parkettleger, auch wenn der in einem kleinen Dorf wohnte und den Boden erst ein paar Monate später legen konnte. Heute lässt er auch mal eine Firma aus Kroatien anreisen, die den Boden zu Preisen legt, die ein Schweizer nicht anbieten könnte. Klar, das sind Extrembeispiele. Doch sie zeigen: Die Herausforderungen für Unternehmen haben zugenommen. Und so auch die für die Unternehmensführung. Doch was hat sich genau geändert? Wie wurde ein Unternehmen früher geführt, wie heute?
Drei Aspekte sind es vor allem, die sich bei der Unternehmensführung geändert haben, sagt Fortunat von Planta, Geschäftsführer des Kantonsspitals Uri. Einerseits hat der Wettbewerb zugenommen und damit der betriebswirtschaftliche Bereich eine viel höhere Bedeutung gewonnen. Denn Spitäler werden seit 2012 anders finanziert als davor. Sie verdienen heute so viel, wie sie leisten, müssen daher auch möglichst viele Leistungen erbringen beziehungsweise sich fragen, welche Leistungen in welchem Umfang angeboten werden sollen. „Man ist voll im Wettbewerb“, sagt Fortunat von Planta. Sämtliche Abteilungen haben ein Tool, über das Kennzahlen zusammengestellt und ausgewertet werden können. Das kostet Zeit und Kraft, lohnt sich aber letztendlich. Die Geschäftsführer kommen – wie Fortunat von Planta, der Ökonom ist – aus der Betriebswirtschaft. Geschäftsführer mit medizinischem Hintergrund sind sehr selten. Ganz früher war das Spital ein Verwaltungsamt des Kantons, der „Geschäftsführer“ – die Unternehmensführung – eigentlich ein Beamter, ein Amtsvorsteher.
„Nach wie vor finde ich, dass aus einem handwerklichen Beruf eine grosse Zufriedenheit entstehen kann. Wenn man die fertige, schöne Arbeit anschaut, ist das einfach etwas Erfüllendes.“ Sepp Schnyder
Auch Sepp Schnyder, Geschäftsführer von Schnyder Parkett in Stans, und seine Frau Doris Schnyder bestätigen das: „Der Wettbewerb ist stärker geworden als früher“, sagt sie und er ergänzt: „Früher hat es noch einen Ehrenkodex gegeben, dass man Preise einhält.“ Das ist heute nicht mehr so. Es könne durchaus vorkommen, dass Unternehmen aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau für einige Tage ein paar ihrer Leute in die Schweiz schicken und Arbeiten zu einem Preis verrichten, wie ihn ein Schweizer Unternehmer nie anbieten könnte. Die Lösung: „Wir bieten Topqualität und Service auch nach den Arbeiten“, sagt Sepp Schnyder. „Und die Integrität des Unternehmens ist wichtig.“
Ausserdem – und das ist der zweite Aspekt, nämlich Personal – schaut Schnyder Parkett auch, dass es seinen Mitarbeitern gut geht. „Ich trage als Geschäftsführer eines Familienunternehmens auch mit Verantwortung für die Familien meiner Mitarbeiter“, sagt Sepp Schnyder. „Wir sind ein bisschen wie früher ein Patron.“ Die Mitarbeiter sind alle schon sehr lange in der Firma tätig, das Arbeitsklima sei gut. Denn in dem Geschäft mit 13 Mitarbeitern schauen die Schnyders, dass die Unternehmensführung auch mal Ansprechpartner ist, wenn es private Probleme gibt, und dann helfen kann. „Das geht in einem Grossbetrieb nicht“, meint Sepp Schnyder. Doch Nachwuchs – Lernende – zu finden, ist schwieriger geworden: Junge Leute drängen an die Universitäten, aber nicht ins Handwerk. „Wir finden fast keine Schweizer Lernende mehr für den Beruf Parkettleger“, sagt Doris Schnyder.
Auch Fortunat von Planta bestätigt, wie wichtig das Personalwesen, wie wichtig die Suche nach geeigneten Mitarbeitern für eine erfolgreiche Unternehmensführung geworden ist: „Es gibt kein Gebiet, in das wir in der letzten Zeit so viel investiert haben und in dem wir so viele Massnahmen umgesetzt haben wie im Personalwesen“, sagt er. Das Kantonsspital führt mit seinen Mitarbeitern Zielvereinbarungsgespräche, fordert, aber fördert sie auch. Es hat das Thema betriebliches Gesundheitsmanagement priorisiert, es führt regelmässig Kaderworkshops durch, bietet Vergünstigungen zum Beispiel im Kino, hat als Rückzugsort die Cafeteria erneuern lassen … „Es muss uns gelingen, unsere Firma gegenüber dem Arbeitnehmer als Brand darzustellen“, erklärt Fortunat von Planta. Auch viele Frauen arbeiten im Kantonsspital – oft in Schlüsselpositionen und dabei auch Teilzeit oder einen Tag von Zuhause aus.
Ja und dann ist da der Aspekt Marketing, PR und Kommunikation. „Das gehört heute dazu“, sagt Fortunat von Planta. „Früher hat man das gar nicht gemacht.“ Früher konnte der Patient nicht anders als in das Spital seines Kantons gehen: Woanders wäre ihm eine Behandlung nicht gezahlt worden. Doch heute ist er frei in seiner Wahl – und schaut sich genau um. „Spitäler machen heute Werbung mit Sachen, die mit einem Spital eigentlich gar nichts zu tun haben“, erklärt der Geschäftsführer: Krankensuiten mit Holzboden zum Beispiel. Oder bester Kaffee: „Man muss heute am besten Starbucks im Haus haben, ein normaler Kaffee genügt nicht mehr.“ Das Kantonsspital Uri ist zwar deutlich kleiner als eins in der Stadt. Doch auch es wird im Neubau (ab 2018) einige dieser Dinge berücksichtigen. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Gesellschaft kritischer werde, was ärztliche Leistungen anbelangt: Sie hinterfragt die Ärzte und die Behandlungen. Das Kantonsspital muss sich gegenüber privaten Kliniken positionieren. Auch die Politik ist wichtiger geworden: „Man kämpft intensiver“, sagt der Geschäftsführer. Das Gesundheitssystem wächst und damit die Belastung der öffentlichen Hand. „Da ist es unsere Aufgabe, die komplexe Materie so darzustellen, dass Politiker und Bevölkerung sie verstehen“, sagt er. „Wir müssen aktiv auf die Politik zugehen, Transparenz schaffen und ehrlich sein.“
Ja, der Kunde wird immer anspruchsvoller, sagt auch Sepp Schnyder. „Wir haben zum Beispiel über 400 Musterplatten aus Parkett“, erklärt der Geschäftsführer. „Der Kunde soll ein Gespür für das Holz bekommen.“ Das Ausland – und damit die niedrigeren Preise sind nahe. Der Kunde vergleicht im Internet, und wenn er in die Ausstellung kommt, weiss er schon vorher über vieles Bescheid. Früher war es normal, dass Kunden auch einmal länger gewartet haben, bis der Auftrag gemacht werden konnte. „Heute sollte der Boden am besten morgen verlegt werden“, sagt Doris Schnyder. Und: „Früher konnte ein Handwerker sein Geschäft in einem kleinen Dorf haben – die Leute sind trotzdem zu ihm gekommen“, erklärt sie. Heute muss das Unternehmen präsent sein. Schnyder Parkett ist das unter anderem durch seine Lage direkt bei der Autobahnausfahrt Stans-Süd.
„Es ist unsere Aufgabe, die komplexe Materie des Gesundheitswesens so darzustellen, dass Politiker und Bevölkerung sie verstehen. Wir müssen aktiv auf die Politik zugehen, Transparenz schaffen und ehrlich sein.“ Fortunat von Planta
Die Familie zieht kein Geld aus dem Unternehmen: „Ich will ja, dass die Firma gesund ist, und auch mit Visionen in die Zukunft geht“, sagt Sepp Schnyder. Der Geschäftsführer ist 53 Jahre alt – die Nachfolge steht für ihn im Raum. Zwei der vier Kinder sind im Unternehmen tätig – die Söhne Samuel und Stephan, 26 und 22 Jahre alt. Sie haben Parkettleger beziehungsweise Schreiner gelernt, machen und haben Weiterbildungen gemacht und übernehmen eventuell einmal die Unternehmensführung vom Vater. Ist es für sie schwieriger als für den Vater das Unternehmen zu leiten? „Ja“, sagt Sepp Schnyder. Er sei mit dem Betrieb gross geworden, mit ihm gewachsen. Seine Söhne würden ein komplexes Unternehmen übernehmen, müssten gleichzeitig anspruchsvolle Kunden zufriedenstellen, Mitarbeiter motivieren und den Kampf gegen Billigware aufnehmen. Ja, sagt Sepp Schnyder: „Die Herausforderungen sind grösser geworden.“
Schnyder Parkett macht unter anderem Parkett, Bodenbeläge, Textil- und Akustikdecken. Zum Beispiel legt die Firma die Böden im neuen SGV-Schiff auf dem Vierwaldstätter See. Das Unternehmen ist im Schnyderpark in der Riedenmatte in Stans untergebracht. Das Geschäftshaus Schnyderpark lies Sepp Schnyder bauen. Es wurde im Juni 2016 bezogen, und neben Schnyder Parkett sind unter anderem noch drei Innenarchitekten, ein Küchenstudio, eine Kita, die Firma „Duschdor“, ein Brautmodengeschäft, eine Ausstellung mit Möbeln und Accessoires im Landhausstil und eine Softwarefirma darin untergebracht. Sepp Schnyder ist Geschäftsführer der beiden Firmen. Der 53-Jährige lernte ursprünglich Landwirt, danach Parkettleger und war auch auf der Handelsschule. In seinem Lehrbetrieb arbeitete er danach noch sechs Jahre, bevor die Familie einige Jahre unter anderem in Dänemark und Afrika weilte. Danach kam er nach Nidwalden zurück, übernahm im Juni 2006 ein kleines Unternehmen und baute dieses aus. Aus einst einem Mitarbeiter sind heute 13 geworden. Ausserdem ist Sepp Schnyder Mitautor eines Fachbuchs für Parkettleger. Seine Frau Doris arbeitet ebenfalls zirka 2 Tage im Unternehmen mit.
Die Geschichte des Kantonsspitals Uri beginnt 1845. Dort legt Landammann Karl Emanuel Müller mit einer Schenkung für die Einrichtungen den Grundstein des Kantonsspitals. Etwa 20 Jahre später begann er auf eigene Kosten mit dem Bau des Spitals, 1872 wurde das Spital mit 30 Krankenbetten eröffnet, heisst es auf der Internetseite des Kantonsspitals. Seitdem wurde das Spital ständig verbessert erweitert und ausgebaut. Nächster grosser Schritt ist der Neu- und Umbau mit voraussichtlichem Baubeginn im Herbst 2018. Das Kantonsspital Uri hat eine chirurgische, eine medizinische und eine geburtshilflich-gynäkologische Klinik, ausserdem eine interdisziplinäre Intensiv- und Notfallstation und Beleg- und Konsiliarärzte. Fortunat von Planta ist seit 3,5 Jahren Geschäftsführer. Der 48-Jährige hat ein Ökonomiestudium an der Universität Bern absolviert und Führungserfahrung in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor gewonnen. Unter anderem war er Mitglied der Geschäftsleitung der Nidwaldner Kantonalbank und Vorsteher des kantonalen Steueramtes Uri.